Renata Viganò, Agnese geht in den Tod. Deutsch von Ina Jun-Broda, neu bearbeitet und mit einem Nachwort von Ulrike Schimming. Hamburg: edition fünf 2014
ISBN: 978-3-942374-46-0, 315 S., Euro 21,90

· Francesca Bravi ·


PID: http://hdl.handle.net/21.11108/0000-0002-44A9-3

«Aber ihr werdet nach Hause gehen, und dann könnt ihr allen erzählen, was ihr durchgemacht habt, und dann werden es sich alle sehr gut überlegen, ob sie wieder einen Krieg anfangen.» (2014: S. 295)1 Das sind die Worte, die Agnese, die Hauptfigur in Renata Viganòs Roman L’Agnese va a morire, den jungen Partisanen sagt, damit sie begreifen, wie wichtig es ist, die Ereignisse der «Resistenza» den künftigen Generationen durch Erzählen zugänglich zu machen.

Die deutsche Ausgabe des Buches mit dem Titel Agnese geht in den Tod ist 2014 erschienen. Publiziert wurde das Werk vom Hamburger Verlag edition fünf. Für diese Ausgabe hat die Übersetzerin Ulrike Schimming die deutsche Übersetzung aus den fünfziger Jahren neubearbeitet und mit einem Nachwort versehen, das dem Leser das Schicksal dieses Buches in Deutschland vor Augen führt: «Endlich wiederentdeckt!» heißt es dort. Der Verlag edition fünf hat sich auf Werke von Schriftstellerinnen spezialisiert. Es sind keine explizit feministischen Texte, sondern Texte von Autorinnen, die in Deutschland wenig bekannt oder lange vergessen sind. Allen gemeinsam ist eine bestimmte innere Kraft. Der Verlag bringt fünf Bücher im Jahr heraus. Die Bände 21–25 sind als «fünfte Fünf» Alleingänge genannt. Es handelt sich um eine geschmackvolle, hochwertig gestaltete Reihe. Für Buchgestaltung und Illustration zeichnet Kathleen Bernsdorf verantwortlich.

Viganòs Roman erscheint als Band 23 nach Judith Barringtons Wiederbelebung. Das Buch ist in rotes Leinen gebunden, der Titel Agnese geht in den Tod ist in weißer Schrift in den Umschlag eingraviert; darunter befindet sich eine kleine Zeichnung, die zwei Pantoffeln neben einer weißen kleine Pfützen, vielleicht eine Blutlache, zeigt. Beim Lesen wird klar warum: «wobei ihre müden, dicken Füße in den ausgetretenen Pantinen schlurften» (2014: S. 18). Auf der gelben Banderole sieht man graue Kriegsflugzeugen, die über grünes Schilf fliegen, kleine schwarze Mücken sind auch zu sehen: «Von hier aus konnten sie leicht in die einsame, endlose Lagune flüchten, in der es nur Wasser, Schilf, Stille und Mücken gab» (2014: S. 67). Im rechten inneren Teil der Banderole findet man einige Informationen zum Leben von Renata Viganò sowie ein eindrucksvolles Schwarz-Weiß-Foto von ihr aus dem Archiv der Biblioteca reggiana. Die Autorin, die eine gestreifte Jacke über einem Rhombenmuster-Pullover trägt, blickt nicht in die Kamera. Sie hält ihre schwarze Katze im Arm und die Katze schaut direkt ins Objektiv. Die Autorin und ihre Protagonistin Agnese haben die Liebe für Katzen gemeinsam: «Lei aveva una gatta grigia fino a poco tempo addietro e gliela ammazzò un tedesco per gioco. […] Allora le raccontai che noi avevamo una volta a casa una gatta nera con gli occhi verdi.» (2010: S. 244f.) Auch im Roman spielt eine Katze eine wichtige Rolle.

Beim deutschen Text handelt es sich um die Neubearbeitung einer Übersetzung der kroatischen Schriftstellerin Ina Jun-Broda (1903–1983) durch Ulrike Schimming. Ursprünglich erschien Agnes geht in den Tod 1951 in der DDR im Verlag Volk und Welt. Es überrascht nicht, dass dieses Buch für die Literatur im sozialistischen Staat von Bedeutung war, weil die DDR-Literatur sich als programmatisch antifaschistisch gestaltete. Die DDR wurde zum antifaschistischen Staat aufgebaut und ihre Literaturproduktion war von der Auseinandersetzung mit der jüngsten Vergangenheit geprägt: Man denke nur an Anna Seghers Die Toten bleiben jung oder Bruno Apitz Nackt unter Wölfen. Im Verlag Neues Leben erschienen im gleichen Jahr auch Stephan Hermlins Porträts linker Widerstandkämpfer mit dem Titel Die erste Reihe. In ihrem Nachwort schreibt Schimming: «In seiner klaren, einfachen Sprache entspricht dieser Roman ganz dem Ideal einer sozialistischen Gesellschaft» und wurde so im Westen ein «abschreckendes Beispiel» für «klassen- und parteikämpferische Literatur» (2014: S. 312). Für die zweite Auflage in der DDR wurde der Text 1959 mit Einverständnis der Übersetzerin von Ernst-August Nicklas (1916–1977) überarbeitet, in der BRD erschien das Buch trotz seines internationalen Erfolges (Übersetzungen in 14 Sprachen) aber nicht.

Die Bearbeitung der Übersetzung von Ulrike Schimming gibt dem Text, der zum Teil eingedeutscht worden war, nun seine italienische Atmosphäre zurück und die Bilder gewinnen dadurch an Intensität. Die erste auffällige Veränderung, die bereits im Titel sichtbar wird, findet sich in den Namen: Die Varianten von «Agnes» und «Jim» kehren als «Agnese» und «Gim» zurück. Man findet zahlreiche weitere italienische Wörter im überarbeiteten Text. Es handelt sich einerseits um Wörter, die heute im Deutschen übliche Ausdrücke geworden sind, wie «Piazza» oder «Grappa». Andererseits sind es Wörter, die spezifisch für jene Zeit in Italien sind, wie «resistenza» oder «staffetta», womit die Frauen bezeichnet werden, die als Botinnen im Widerstandskampf tätig sind. Diese Beispiele zeigen, dass die Neubearbeitung den deutschen Text näher an das italienische Original bringt und dadurch lebendiger macht. Ulrike Schimming ist es gelungen, «die italienische Atmosphäre wieder in den Text zu holen» (2014: S. 313).

In Italien ist das Buch immer noch sehr aktuell und gehört zum Kanon der Literatur des Widerstands. So erschien es zuletzt zum Beispiel als Beilage zum Corriere della Sera vom 11. April bis zum 26. September 2015 in der Reihe «La lotta di liberazione attraverso i romanzi», die anlässlich des 70. Jubiläums der «liberazione» dem großen Publikum wichtige Romane wieder zugänglich macht. Viganòs L’Agnese va a morire ist der vierte Band nach Fenoglios Una questione privata, Paveses La casa in collina und Vittorinis Uomini e no.

In der italienischen Ausgabe des Romans, heute Teil des Verlagsprogramms von Einaudi, findet man ein Vorwort von Sebastiano Vassalli und als Nachwort Renata Viganòs La storia di Agnese non è una fantasia. Renata Viganò (1900–1976) hatte 1945 angefangen, L’Agnese va a morire zu schreiben. Der Roman erschien 1949 und im gleichen Jahr gewann er den Viareggio Literaturpreis. Das Buch ist das berühmteste Werk der Autorin, aber auch andere ihrer Romane beschäftigen sich mit der Zeit der Resistenza, der Zeit also, in der auch sie selbst aktiv im Widerstand gegen die Faschisten und Nationalsozialisten kämpfte: Donne della Resistenza (1955), Porträts von Widerstandskämpferinnen aus Bologna, und Matrimonio in brigata (1976), eine Sammlung von Erzählungen über das Leben in der Partisanen-Brigade. Renata Viganò trug im Widerstand als «staffetta» den Decknamen «Contessa». In der Brigade war sie als Krankenschwester in den Valli di Comacchio bei Campotto und Argenta tätig. Die Gruppe wurde von ihrem Mann geführt, dem Publizisten und Schriftsteller Antonio Meluschi.

Agnese geht in den Tod spielt in Norditalien im September 1943. Italien ist von den Nationalsozialisten besetzt. Agnese ist eine Bäuerin und Wäscherin. Eines Tages muss sie mitansehen, wie ihr alter, kranker Mann Palita von deutschen Soldaten abtransportiert wird. Die Nachbarn haben ihn zusammen mit anderen als Kommunist verraten. Agnese schließt sich den Partisanen an und übernimmt als «staffetta» einige wichtige Aufgaben. Dass sie kein positives Schicksal erleben wird, weiß der Leser bereits vom Titel, aber nicht ihr Tod ist wichtig, sondern ihr Weg dorthin.

Der Roman hat drei Teile, die in nummerierte Kapitel (römisch in der italienischen und den ostdeutschen Ausgaben, arabisch in der aktuellen) unterteilt sind. Die drei Teile zeichnen Agneses ‹ahnungsloses› Beitreten zur Resistenza, ihr Leben in der Illegalität sowie ihre Rückkehr und ihren Tod nach. Der erste Teil enthält sechs Kapitel, der zweite sieben und der dritte zehn. Die einzelnen Kapitel sind jeweils in kleinere, durch eine Leerzeile getrennte Abschnitte unterteilt.

Agneses Teilnahme am Widerstand ist fast ungewollt, oder unbeabsichtigt. Sie entsteht aus dem Zorn, machtlos dem Schicksal ihres Mannes Palita zusehen zu müssen. Ihr Mann war «ein guter Genosse. Er hat viel für die Sache getan …», und so bietet Agnese ihre Hilfe an: «Wenn es etwas gibt, was ich tun kann […] Wer weiß, ob ich dazu tauge» (2014: S. 21). Ab diesem Punkt wird sie die Mutter der Kompanie: «mamma Agnese». Sie heizt, kocht, strickt und stopft Socken für die Partisanen und transportiert Vorräte ebenso wie Waffen. Ihre Aufgaben sind nicht ohne Risiko, so wird sie mit der Zeit zur «responsabile» ernannt: «So nannten sie Agnese immer, die ‹Verantwortliche›, aber Agnese mochte diese Bezeichnung nicht, sie schien ihr lächerlich und allzu feierlich, beinahe wie eine Ermahnung.» (2014: S. 156) Sie macht alles, um sich nicht nutzlos zu fühlen, ihre Aufopferungsbereitschaft und Unerschrockenheit werden im Roman deutlich: «Fast täglich hängte Agnese ihren Korb an den Lenker des Rades und fuhr hinaus. Das Rad war alt, die Reifen waren voller Flicken. Oft musste sie auf halbem Weg absteigen und viele Kilometer zu Fuß zurücklegen. Im Korb trug sie Flugblätter, Waffen oder TNT und Dynamit.» (2014: S. 298f.) Agnese verbindet Instinkt und Naivität: «Agnese nickte. Sie war ganz aufmerksam, stützte die Hände auf die Tischkante und kniff die Augen zusammen, um alles genau zu verstehen.» Sie wird oft rot: «Den Genossen gegenüber war sie schüchtern und wurde ohne jeden Anlass rot.» (2014: S. 27)

Der Rhythmus der Tage und Nächte ergibt sich durch bestimmte Tätigkeiten, die Normalität und Ausnahmezustand verbinden, wie z. B. Schlafen und Essen: «Tagsüber schliefen die Partisanen, aßen oder lagen in der Sonne» (2014: S. 96). Salami, Wurst, Speck, Brot, Nudeln, Reis, Käse, Marmelade, Melone, Lamm- und Kalbfleisch, Kartoffeln und Bohnen werden im Verlauf des Buches verzehrt. Viele der Bezeichnungen haben deutsche Entsprechungen, am Begriff «minestra» hingegen lassen sich Schwierigkeiten aufzeigen: Hier gibt es keine einfache Übersetzung, wie aus den beiden folgenden Beispielen hervorgeht.

1: «Andò a letto cosí, con un piatto di minestra fredda per cena.» (2010: S. 24) In diesem Fall ist «minestra» kein eindeutiges Wort, denn gemeint ist ein Gericht mit Nudeln oder Reis in einer Brühe manchmal mit Gemüse. In den fünfziger Jahren wurde übersetzt: «So ging sie zu Bett, ein Teller kalter Suppe war ihr Abendbrot.» (1959: S. 24) In der aktuelle Version heißt es: «So aß sie einen Teller kalte Nudeln und ging zu Bett.» (2014: S. 25) Die zwei Bilder sind sehr verschieden und dennoch beide möglich.

2: «Allora Agnese prese la sua minestra.» (2010: S. 67) Hier steht «minestra» für Nudeln, weil man einige Zeilen davor mehr über das Gericht, das Agnese gerade kocht, erfährt: «buttò giú la pasta» (2010: S. 66). «Nun nahm auch Agnese eine Portion Nudeln» (2014: S. 80), ist demzufolge eine gute Übersetzung.

Ein anderes Wort, das Übersetzungsprobleme bereiten kann, ist «sfoglie»: «Facevano le sfoglie e i dolci per il giorno di Natale.» (2010: S. 167) Mit «sfoglie» meint man ganz allgemein «Teig» und es könnte auch den Teig bezeichnen, den man für Nudelgerichte wie Tagliatelle oder Tortellini braucht. Da der Roman in der Romagna spielt, ist die Anspielung auf «pasta fresca» sehr wahrscheinlich. In der Übersetzung heißt es: «bereiteten sie Blätterteig und Süßigkeiten für Weihnachten zu» (2014: S. 212). Sicherlich ist für den deutschen Leser das Wort «Blätterteig» mit mehr Assoziationen verbunden.

Das Essen wird auch in Vergleichen benutzt. In Schimmings Neubearbeitung wird etwa das Wort «piadina» übernommen, als es darum geht, dass etwas ganz «platt gedrückt» («plattgequetscht» hieß es in der früheren Übersetzung) wird, wie es typisch für das dünne Fladenbrot der Romagna ist. Nicht immer schmeckt das Essen, dann spielt der Wein eine wichtige Rolle:

Den Braten aßen sie ohne Salbei und Rosmarin und auch noch halb roh, weil die beiden Partisanen am Feuer ihn nicht gleichmäßig geröstet hatten. Halb roh, verraucht und fade war er. Aber alle waren so fröhlich und ausgehungert, dass er ihnen trotzdem schmeckte. Sie spülten die zähen Bissen mit vielen Gläsern Wein hinunter, anschließend sangen sie leise, bis sie zur nächsten Aktion aufbrachen. (2014: S. 111)

Viganò beschreibt Agneses Entwicklung ohne Pathos. Denn schließlich ist Agneses Geschichte keine Erfindung: La storia di Agnese non è una fantasia – so liest man in dem Artikel aus L’Unità vom 17. November 1949, der in der Einaudi-Ausgabe als Nachwort abgedruckt ist. «Tutto esiste: azioni ed uomini, orizzonti e paesi, colori e temperatura.» (2010: S. 245) Dort beschreibt die Autorin auch, wie sie Agnese zum ersten Mal begegnet ist:

La prima volta che vidi l’Agnese, o quella che nel mio libro porta il nome di Agnese, vivevo davvero un brutto momento. […] L’Agnese mi arrivò vicino con i suoi brutti piedi scalzi nelle ciabatte. Vidi per primi quei brutti piedi, ero tanto piena di odio e di pena che mi fecero schifo. (2010: S. 243)

Der Alltag der Partisanen, so wie Viganò ihn wiedergibt, hat etwas Häusliches und ist frei von rhetorischen Ausschmückungen. Trotzdem ist der Krieg hautnah zu spüren. Agnese ist nicht die einzige Stimme, die im Roman zu hören ist. Man verfolgt beim Lesen das Leben einiger Partisanen wie Il Comandante, Clinto, Tom, Gim, Walter, Antonio «La Disperata»; daneben präsentiert Viganò Frauengestalten wie Minghina und ihre Töchter, Rina, Maria Rosa sowie deutsche und alliierte Soldaten.

Die Landschaft kann in diesem Roman als eine weitere Figur betrachtet werden. Es sind die Romagna und die Valli di Comacchio: «Feldwege, Gräben, Hecken, raue und nackte Wiesen, bestellte Felder. Ab und zu überquerte er einen Deich oder einen Kanal. Aber die Kanäle waren alle zugefroren.» (2014: S. 227) Die Veränderungen, die Ulrike Schimming in diesem Bereich vorgenommen hat, sind entscheidend für die Wahrnehmung der Landschaft. Mit Valli di Comacchio bezeichnet man ein lagunenartiges Gebiet südlich des Po-Deltas zwischen Ravenna und Ferrara. Das Wort «valle» entspricht aber im Deutschen weder dem «Tal» der ursprünglichen Übersetzung von Jun-Broda noch der «Niederung» der zweiten Auflage. Das Wort «Lagune» hingegen beschreibt gut diese breite Wasserfläche. Dazu passen die Begriffe «Deich», «Sielanlagen» und «Schilfgürtel», um eine Landschaft zu beschreiben, die gleichzeitig schön und grausam sein kann. So auch im Roman, der auch vom Winter erzählt, von Eis und Schnee, die die spröde Lagunenlandschaft bedecken und das Leben schwer machen. Dem Leser helfen diese Übersetzungen dabei, sich die Landschaft vorzustellen. Schimming verweist in ihrem Nachwort auf Rossellinis Film Paisà, der teilweise an diesen Orten spielt. Hier sei zudem auf die Verfilmung des Romans unter der Regie von Giuliano Montaldo hingewiesen, die 1976 gedreht wurde. Renata Viganò erlebte die Fertigstellung nicht mehr, sie starb am 23. April des gleichen Jahres.

Die Landschaft wird außerdem oft metaphorisch verwendet: «[…] starrte ihre Füße an: Sie waren dunkel und unförmig, die knotigen, krummen Zehen sahen aus wie die freigelegten Wurzeln eines alten Baumes.» (2014: S. 32) Dieses Merkmal ist eine Besonderheit im Stil von Renata Viganò. Die Originalität des Buches ist in seiner Sprache zusehen. Die Sachlichkeit und Klarheit von Viganòs Schreibweise artikuliert sich in kurzen Sätzen, die an manchen Stellen von einem gewissen Lyrismus zeugen, der auch im deutschen Text deutlich wird: «L’inverno era lungo, la paura era lunga.» (2010: S. 169) – «Der Winter war lang und lang währte die Angst» (2014: S. 214).

Auch die Besonderheiten der gesprochenen Sprache, die Italiener und Deutsche entwickeln und die aus einer Mischung von Deutsch und Italienisch besteht (im Originaltext sind deutsche Worte wie «nein», «arbeiten», «raus», «kaputt» oder «Herr Offizier» enthalten), sind im deutschen Text zu finden: «Tu mama niente sapere partisani?» war in der alten Übersetzung: «Du, Mama nicht wissen, Partisan?» (1959: S. 132) und wird nun zu «Du, Mama, nicht wissen von Partesani?» (2014: S. 131) Deutsche Soldaten benutzen aber auch italienische Wörter, die im deutschen Text übernommen werden: «Addio, bella segnorina, grande amore.» (2010: S. 105) Das Wort «segnorina» wird 1959 korrigiert zu «signorina» und kehrt 2014 als «segnorina» zurück. Weitere Wörter aus dem Dialekt für bestimmte Ausdrücke oder Gegenstände («cicchetto», «boccione di vino», «balle») sowie die Namen der Partisanen Magòn, Cappùcc, Piròn und natürlich «l’Agnese» (mit dem bestimmten Artikel) zeugen von einer Nähe zur Wirklichkeit und sind typisch für den Neorealismo. Die Namen werden im deutschen Text übernommen, die Regionalismen übersetzt.

«Wer wird nach diesem Krieg noch am Leben sein?» (2014: S. 193), fragt sich Agnese. Einige, die noch am Leben waren, haben ihre Erfahrungen in Romane verwandelt, die allesamt zur «coralità» der Resistenza-Literatur gehören: Elio Vittorini mit Uomini e no, Calvino mit Il sentiero dei nidi di ragno, Fenoglios Una questione privata, Cassolas Fausto ed Anna, La storia von Elsa Morante, Tre amici von Mario Tobino, Il quartiere von Vasco Pratolini um nur einige zu nennen. Um so wichtiger, dass Renata Viganòs Roman nun wieder auf Deutsch zu finden ist, ein Buch von großer Bedeutung für die Frage nach den deutsch-italienischen Beziehungen im 2. Weltkrieg, ein «un documento prezioso» wie Sebastiano Vassali im Vorwort der italienischen Ausgabe betont, ein «wertvolles Zeugnis», um auch die Schattenseiten Italiens wahrzunehmen.

  1. Es wird unter Angabe des jeweiligen Erscheinungsjahres aus folgenden Ausgaben des Romans zitiert: Agnese geht in den Tod, Hamburg: edition fünf 2014; L’Agnese va a morire, Torino: Einaudi 2010; Agnes geht in den Tod, Berlin: Verlag Volk und Welt 1959.