Horizonte Ausgabe 8 Titelkunst
Rezensionen

Alba de Céspedes: Das verbotene Notizbuch und Aus ihrer Sicht
Berlin: Insel Verlag 2022 und 2023

Ursula Reuter-Mayring

Alba de Céspedes: Das verbotene Notizbuch, aus dem Italienischen übersetzt von Verena von Koskull, Berlin: Insel Verlag 2022, 302 S., Euro 12,-, ISBN: 978-3-458-68242-4 (TB 4942) und Aus ihrer Sicht, aus dem Italienischen übersetzt von Karin Krieger, mit einem Nachwort von Barbara Vinken, Berlin: Insel Verlag 2023, 637 S., Euro 28,-, ISBN: 978-3-458-64366-1

Zwei Romane von Alba De Céspedes, beide vor über einem halben Jahrhundert entstanden, stellte kürzlich der Insel Verlag in neuen Übersetzungen aus dem italienischen Original vor: Das verbotene Notizbuch (Il quaderno proibito, 1952) und Aus ihrer Sicht (Dalla parte di lei, 1949). In beiden lesen wir, wie zwei Ich-Erzählerinnen ihr Leben im Schreiben vor sich selbst auffalten: Valeria, Ehefrau, Mutter und Büroangestellte in den frühen 50er-Jahren des 20. Jahrhunderts, beginnt unter ständigen Schuldgefühlen, mit dem heimlichen Schreiben des verbotenen Notizbuches Konventionen und eigene Überzeugungen zu hinterfragen – «im Schreiben entdeckt sie, wer sie eigentlich ist».1 Alessandra, die unmittelbar nach Kriegsende ihren Ehemann und Resistenza-Kämpfer ermordet, schreibt, um nicht nur sich selbst, sondern auch, in eingestreuten Anredefloskeln kenntlich gemacht, einer angenommenen Öffentlichkeit Genese und Motivation ihres Handelns aus ihrer Sicht darzulegen. De Céspedes führt uns in diesen Selbstbefragungen ihrer Protagonistinnen Facetten vom Leben italienischer Frauen vor: im italienischen Kleinbürgertum ebenso wie in ländlichen Familienstrukturen, unter den Lebensumständen der Kriegs- und Nachkriegszeit, in der Resistenza. Auf etlichen hundert Seiten entfaltet sie, wie die dort jeweils herrschenden Normen von Gesellschaft und Kirche bzw. die hierarchischen Strukturen des politischen Widerstands das Leben der Frauen reglementieren und wie diese dem begegnen und scheitern. Die Frauen, aus- und weggeschlossen von der Gesellschaft der Männer, entziehen sich selbst durch Resignation oder Verzweiflungstat, da die von ihnen als einzige Erlösung idealisierte romantische Liebe sich als haltloser Traum erweist – das ist das große Thema dieser Romane.

Alba De Céspedes wurde 1911 in Rom geboren und wuchs in Frankreich und in Italien auf. Maike Albath beschreibt die Ausgangslage für Kindheit und frühe Jugend der Autorin so:

Enkelin des "Vaters des Vaterlandes", wie ihr Großvater Carlos Manuel de Céspedes y del Castillo als erster kubanischer Präsident tituliert wurde, Tochter eines nicht minder wichtigen Repräsentanten Kubas, der Botschafter in Italien und dann in den USA war. Alba sollte keinesfalls durch eine amerikanische Erziehung verdorben werden, fand ihr Vater, weshalb sie in die Obhut einer römischen Tante kam. Es ist ein Wunder, dass ihr bei all den bedeutenden väterlichen Vorfahren nicht die Zunge im Hals stecken blieb. Das Gegenteil war der Fall; sie legte von Anfang an eine verblüffende Eigenständigkeit an den Tag.2

Sie schrieb Romane und Drehbücher und war journalistisch als Autorin und Herausgeberin (Mercurio) tätig. Nach kurzem Sympathisieren mit dem frühen Faschismus wandte sie sich dem Widerstand zu, für den sie u. a mit einer Radiosendung für Radio Italia combattante arbeitete. Politisch durchgehend vom Sozialismus geprägt gehörten ihre Sympathien dem Kuba Fidel Castros und in den späten 60er-Jahren auch der revolutionären Studentenbewegung in Paris, wo sie bis zu ihrem Tod 1997 lebte.

Grundlegende literaturwissenschaftliche Forschung zu Alba De Céspedes hat in neuerer Zeit Marina Zancan vorgelegt, vor allem in Zusammenhang mit der Herausgabe der Romanzi (Meridiani Mondadori, 2011) und innerhalb der von Alberto Asor Rosa herausgegebenen Letteratura italiana del Novecento (Einaudi, 2000)3 . Weiterführendes über Alba De Céspedes findet sich aber z. B. auch im Buch von Laura Di Nicola: Mercurio. Storia di una rivista 1944–1948 (Milano: Mondadori, 2012), das

non si limita allo spoglio delle sue annate, ma riflette scavi certosini nell’archivio privato di de Céspedes: lettere, disegni, ritagli a stampa, contratti e documenti amministrativi, che restituiscono un fittissimo reticolo culturale. Senza dimenticare i suoi affascinanti diari di guerra, in cui la giovane donna annota la fuga da Roma dopo l’8 settembre, la «resistenza civile» in Abruzzo e il varco delle linee nemiche, per raggiungere il Regno del Sud (a Bari collaborerà alla trasmissione radio Italia combatte, con lo pseudonimo di «Clorinda»).4

Wer über Alba De Céspedes forschen möchte, findet umfassend gesammeltes Material bei der Fondazione Arnaldo e Alberto Mondadori.5

In Aus ihrer Sicht (Dalla parte di lei6 ) und Das verbotene Notizbuch (Quaderno proibito7 ) können heutige Leserinnen und Leser diejenigen Rollen studieren, die Frauen in Italien einerseits traditionell, andererseits im Faschismus und bis in die Nachkriegszeit zugestanden wurden, und ebenso diejenigen, die ihnen innerhalb der politischen Linken zugeteilt waren. Auch in den deutschen Feuilletonbeiträgen des vergangenen Jahres wurde De Céspedes vor allem als wiederentdeckte feministische Autorin gefeiert. Was aber bei genauerem Hinsehen tatsächlich in deren Romanen zutage tritt, ist vielmehr die Überzeugung der Autorin, dass die Befreiung der Frauen sich nur innerhalb einer ‹befreiten› sozialistischen Gesellschaftsform vollziehen wird. De Céspedes wandte sich nach den persönlichen Erfahrungen innerhalb der Resistenza und ihren nach Kriegsende folgenden Enttäuschungen über die Entwicklungen in Italien, das sie politisch als von den USA quasi kolonisiert ansah, immer mehr der ersehnten sozialistischen Heimat Kuba zu. In der italienischen Literaturwissenschaft ist das Werk von De Céspedes besonders auf den Aspekt des weiblichen Schreibens aus der Zeitzeugen-Perspektive hin erforscht worden. Laura Ciminari identifiziert in ihrer Analyse bei De Céspedes eine entsprechende Neuorientierung des Schreibens, die beide Romane deutlich prägt:

l’idea che la scrittura fosse imprescindibile dall’engagement […], in corrispondenza anche a un «passaggio dal privato al pubblico» che ha condiviso con altre donne della sua generazione […] Le pagine di Dalla parte di lei erano nate, in fondo, anche da questa nuova urgenza […].

Und sie zitiert dazu, was De Céspedes selbst im Vorwort zur Neuauflage des Romans 1994 schrieb:

Già in quegli anni, tra il 1946 e il 1949, queste mie convinzioni cominciavano a vacillare. […] Soltanto in alcuni vecchi cuori può ancor vivere la delusione legata al grigiore di quegli anni. Avvedersi che la lotta, la prigionia, e per tanti la morte non erano servite che a fare dell’Italia un protettorato nordamericano. Una coltre di grigiore, di tristezza, discese su tutte le cose. Il fascismo con la sua presunzione e teatralità aveva ceduto il passo ad una classe dirigente infida e cupida di servilismo. Questi eravamo noi? Questo ci spettava? […] Io non potevo ancora sapere a qual punto di corruzione la nazione italiana potesse giungere. Ma lo presentivo. Vedevo i protagonisti politici della Resistenza avvilirsi e a poco a poco spegnersi nell’accettazione dei riti della democrazia parlamentare. La tragedia diveniva commedia. Il mio Paese di adozione usciva dalla Storia e il mio Paese d’origine – Cuba – si preparava a rientrarvi, ma ciò sarebbe accaduto una decina di anni più tardi.8

Bei genauer Lektüre der Romane sind tatsächlich neben den ausufernden Beschreibungen der Ich-Erzählerinnen, ihren Selbstbezichtigungen und Schuldvorwürfen, ihrer Reflexion von Ängsten, von Mutlosigkeit, Scheitern und Resignation, einige Gegenmodelle zu erkennen, nämlich die Figuren der Resistenza-«Genossin Denise» (in Aus ihrer Sicht) sowie die der Tochter Mirella (in Das verbotene Notizbuch). Diese von De Céspedes positiv, ja als einzige Hoffnungsträgerinnen mit einer sie erfüllenden Zukunftvision entworfenen Frauenfiguren entsprechen ganz dem Muster der ‹neuen Menschen›; als Gefährtin und Genossin der Männer sollen und wollen diese Frauen eine ‹neue Gesellschaft›, unschwer als idealistisch-sozialistisch identifizierbar, erkämpfen und erarbeiten. Nur für sie entwirft De Céspedes eine Zukunft frei von den «Mauern» der traditionellen, (klein-)bürgerlichen und katholisch bestimmten Normen, die die Protagonistinnen der Romane stetig umschließen. Wie sehr allerdings in der Realität patriarchalische Strukturen innerhalb linker und revolutionärer Milieus weiterhin andauerten, ist bekannt. Erfahrungen des erst durch eine nachfolgende Frauen-Generation in Italien versuchten Aufbruchs in die Emanzipation sind literarisch z. B. nachzuverfolgen in Clara Serenis Chronik zu den Jahren der 1968er-Bewegung, Via Ripetta 155.9

2017 sah Monica Schettino Dalla parte di lei als Teil jenes Korpus, der den männlich dominierten und chiffrierten racconto della Resistenza korrigiert und erweitert, und interpretierte den Roman entlang der poetologischen Überlegungen, die wie im o. e. Vorwort auch in Tagebüchern und Briefen von De Céspedes zu finden sind. Sie zählt De Céspedes zu jenen

pubblicazioni postume quasi a voler rappresentare un risarcimento rispetto ad una produzione letteraria che ha largamente privilegiato il racconto di una Resistenza maschile e, per lo più, armata. A questi titoli si aggiunga Dalla parte di lei di Alba De Cespedes (1949) che in questo romanzo ha saputo fondere perfettamente scrittura memorialistica e finzione letteraria, storia pubblica e storia privata, fino a farci scoprire, pagina dopo pagina, che il romanzo non è altro che una lunga ricostruzione autobiografica elaborata dalla protagonista, Alessandra, mentre è rinchiusa in carcere per l’omicidio del marito. Qui il racconto della Resistenza, alla quale l’autrice partecipò in prima persona, diventa metafora di una resistenza minore: quella che le donne conducono nella quotidianità della loro esistenza, dietro il muro che le circonda e che gli uomini erigono per separarle, isolarle e che di notte, dal letto, esse vedono chiaramente trovandosi sole – il marito voltato di spalle – dalla parte opposta.10

Wie De Céspedes ihre Tagebuchaufzeichnungen in ihr literarisches Werk einarbeitete, hat auch Lucia di Crescenzo untersucht, die die Autorin als «una delle figure più significative e versatili del Novecento» bezeichnet. Sie identifiziert das Bemühen der Autorin um einen literarischen Realismus, um formale Lösungen der Darstellung von Zeitgeschichte und Lebenswirklichkeiten in der Fiktion, «degli interrogativi di fondo che l’autrice pone alla scrittura a fronte dei continui mutamenti storici, primo fra tutti il desiderio di comprendere e di dar voce ai meccanismi della realtà contemporanea».11
Die neueren und umfassenden Forschungen sind zweifelsohne aufschlussreich; sie ordnen die Autorin in das Panorama der italienischen Literatur ein, als Teil sowohl des racconto della Resistenza, was besonders Dalla parte di lei/Aus ihrer Sicht betrifft, als auch jener Literatur, die gesellschaftskritisch die Situation der Frauen im Italien bis in die 50er- und 60er-Jahre des 20. Jahrhunderts, Zeiten als «der Katholizismus und öffentliche Moral noch eins waren», behandelt.12

Die beiden nun auf Deutsch vorgelegten Romane bleiben aber genau deshalb vor allem eher Dokumente, die italienische Wirklichkeiten bebildern und so einerseits historisch interessant sind, aber gleichzeitig, wenn sie nicht in diesem Kontext gelesen werden, sogar manch anhaltende stereotype Vorstellungen beim deutschsprachigen Publikum noch bestärken könnten. «Die mitleidlose Schärfe, mit der Alba de Céspedes ins Innerste dieser Familie blickt, macht alsbald dem Mythos vom verehrungswürdigen Wesen der italienischen Mamma den Garaus», schrieb z. B. Frauke Meier-Gosau.13 Barbara Vinken plädiert allerdings auch dafür, bei De Céspedes eine auch heute höchst aktuelle Kritik an der weiterhin «femizidalen» Institution der Ehe zu entdecken: Alessandra, die Protagonistin und Ich-Erzählerin in Aus ihrer Sicht, ermordet den Repräsentanten dieser Institution, ihren Ehemann, als ‹Mörder› der Liebe. Ein überraschendes Auftreten sowohl der Autorin De Céspedes als auch ihres Romans Dalla parte di lei beim Florentiner (Krimi-)Autor Marco Vichi zeigt, wie Autorin und Werk in Italien heute im Kanon ‹markiert› und womöglich auch als Teil der Wiederentdeckungs-Maschinerie des Buchmarktes dem breiten Lesepublikum – wieder – präsent sind: Geradezu metonymisch setzt Vichi in seinem Roman Non è perduto niente (Guanda 2022) «Alba», die Autorin, und «Alessandra», deren Figur, ein: Vichis Protagonist, ein gerade pensionierter Ermittler, widmet sich einem Mord aus dem Jahr 1947, an dessen Aufklärung er als Berufsanfänger scheiterte. Seine Abende verbringt er mit der Lektüre des Romans von De Céspedes, der ja die Lebensbeichte einer Mörderin ist. Durch die Erzählung der allmählichen Aufklärung des damaligen Mord-Geschehens und von, zum Teil in umfangreichen Binnenerzählungen präsentierten, Rück-Erinnerungen des Ermittlers und seines Freundeskreises an die Zeit der Resistenza und der unmittelbaren Nachkriegs-Jahre sind die beide Zeitebenen verbunden. Dem Versuch, die versäumte Aufklärung eines Verbrechens nachzuholen, steht die Überprüfung der Erinnerungen an die Vergangenheit gegenüber. Dazu nutzt De Vichi De Céspedes mitsamt ihrem Werk: Beide stehen für Atmosphäre und Konflikte dieser Jahre. Indem er seinen Ermittler bei der anhaltenden Lektüre von Dalla parte di lei darstellt, lädt Vichi die durch die Erinnerung konstituierte Kontinuität zwischen den Zeitebenen atmosphärisch noch stärker auf: Er schiebt dazu viele Passagen aus dem Roman als Zitate ein und lässt seine Figur in ein stetiges inneres Zwiegespräch über diese Textstellen sowohl mit der Autorin De Céspedes als auch mit der Romanheldin Alessandra eintreten, jener Mörderin aus und für die Liebe.

Die literarische Darstellung bleibt, bei allen zeitgeschichtlich interessanten Aspekten, in den beiden Romanen von De Céspedes matt. Zwar finden sich jeweils eine durchaus ambitionierte Komposition und Durchführung, die Züge der dokumentierten poetologischen Überlegungen der Autorin realisieren. So verdeutlicht die Autorin ihrem Lesepublikum z. B. konsequent die Erzählperspektiven ihrer weiblichen Ich-Erzählerinnen, indem sie sie mit deren eingeschobenen Reflexionen über ihre Bekenntnisse motiviert – die Mörderin Alessandra kommuniziert und erklärt ihre Perspektive mit getriebener Dringlichkeit der Außenwelt, in die sie ein starkes Zeichen gesandt hat; die Ehefrau und Mutter Valeria versteckt ihre schuldbeladenen Selbstreflexionen sorgfältig vor den Augen der Umwelt, in der sie resigniert. In beiden Romanen inszeniert die Autorin auch konsequent mittels der Mutter-Tochter-Beziehungen verschiedene Frauen-Rollen und deren Wechselspiel von Akzeptanz, Rebellion, Unverständnis, Idealisierung. Ebenso sind etliche Bilder schlüssig durchgeführt, z. B. die schon erwähnten «Mauern», die sich ebenso in engen Wohnungen, im Nonnenkloster oder Gefängnis wie als abgewandter Mann im Ehebett zeigen, oder die Konventionen bezeichnen, die den Protagonistinnen den freien eigenen Zugriff auf die Welt versperren. Dennoch, durch den redundanten Gebrauch ihrer literarischen Strategien und die allzu erwartbaren Lösungen entwickeln De Céspedes Texte weder Spannung noch Erschütterung – sie bleiben poetisch blass. Die Schilderungen verlaufen prototypisch und verharren in einer«schematischen Sicht»14 , die an keiner Stelle durch ästhetische Eingriffe der Autorin gebrochen wird. Das poetologische Programm, das in diesen Romanen sichtbar wird, erinnert in seiner Eindimensionalität an den sozialistischen Realismus. Im Vergleich dazu beeindrucken Werke anderer Schriftstellerinnen der Epoche auch jenseits ihrer Zeit und Themen durch die dichterische Kraft, die sich im sprachlichen und formalen Reichtum ihres Stils zeigt. Über allerlei literarische Genres hinweg seien nur einige Beispiele genannt: Natalia Ginzburg, Virginia Woolf, Irmgard Keun, Gabriele Tergit.

In den Übersetzungen finden sich bei der überaus erfahrenen und sorgfältigen Karin Krieger (Aus ihrer Sicht) besonders auf kulinarischem Gebiet einige holprige Lösungen, die einfach hätten vermieden werden können, entweder durch eine erklärende Fußnote oder direkt im Text. Da z. B. der Begriff «Schweinenackenwurst» (capocollo) im Deutschen nicht existiert, sollte die Sache sprachlich richtiger als das, was sie tatsächlich ist, ausgedrückt werden, nämlich ein luftgetrockneter Schweinenacken am Stück, und auch beim «caciotta Käse» hätte eine Umschreibung die italienische Bezeichnung der kleinen, gedrungenen Käselaibe besser ins Deutsche vermittelt. Bei Verena von Koskull (Das verbotene Notizbuch) findet sich übrigens auch lediglich diese übersetzerische Lösung «caciotta Käse». Die Übersetzung von sfoglia (der von Hand oder mit der Pasta-Maschine zu dünnen Blättern ausgewalzte Pasta-Teig aus Mehl, Eiern und eventuell Wasser) mit «Blätterteig» (korrekterweise pasta sfoglia) ist ein verblüffender Fehlgriff Kriegers, noch dazu weil im geschilderten Kontext der Zeiten äußerster Lebensmittelknappheit die zum Blätterteig bekanntlich reichlich notwendige Butter erst recht nicht zur Verfügung gestanden haben wird. Ein Nachwort, das sich Paul Ingendaay in seiner Rezension von Das verbotene Notizbuch15 noch wünschte, lieferte der Insel Verlag nun bei Aus ihrer Sicht, in dem Barbara Vinken übrigens, ganz zeitgemäß, im Roman auch noch Trans-Gender-Aspekte avant la lettre identifiziert.16 Die stets aufschlussreichen «Bemerkungen zur Übersetzung», die Leserinnen und Leser dichter an einen anderen Sprach- und Kulturraum führen können, fehlen leider in beiden Bänden, sind aber für Aus ihrer Sicht z. T. nachzuverfolgen im Interview mit Karin Krieger auf der Suhrkamp-Website.17

  1. Paul Ingendaay: «Seelenleben einer unbezahlten Putzkraft», in: Frankfurter Allgemeine Zeitung (16.10.2021), zitiert nach: https://www.buecher.de/shop/italien/das-verbotene-notizbuch/cspedes-alba-de/products_products/detail/prod_id/61382513/#reviews
  2. Maike Albath: «Alba de Céspedes: Geheime Hefte. Eine bedeutende Entdeckung: Alba de Céspedes erzählt von einer Frau, die nach dem Krieg ihre eigene Stimme findet.», in: DIE ZEIT 47 (2021) https://www.zeit.de/2021/47/alba-de-cespedes-schriftstellerin-kuba-italien-literatur
  3. s. Kapitel: «Le autrici. Questioni di scrittura, questioni di lettura.»
  4. Raffaele Liucci: «Il Mercurio della nuova Italia», in: Il Sole 24 Ore. Domenica (31.03.2013): https://www.fondazionemondadori.it/pubblicazione/mercurio-storia-di-una-rivista-1944-1948/
  5. https://www.fondazionemondadori.it/rivista/alba-de-cespedes/
  6. Der Titel bezeichnete auch eine Rubrik in der Zeitschrift Epoca, in der Alba De Céspedes zwischen 1952 und 1958 Leserbriefe beantwortete. Danach wurde sie zu de Céspedes Unmut gekürzt, inhaltlich umgestaltet und in Diario di una scrittrice umbenannt; s. Annalisa Andreoni: «Il Diario di una scrittrice: Alba de Céspedes e la collaborazione a Epoca tra il 1958 e il 1960», in: Griseldaonline 21. 2. 2022: https://doi.org/10.6092/issn.1721-4777/15451
  7. Erschien 1962 auch in einer Bühnenfassung.
  8. Sabina Ciminari: «Una scrittrice engagée. La svolta del ’68 nella biografia e nella scrittura di Alba de Céspedes», in: Natura Società Letteratura, Atti del XXII Congresso dell’ADI – Associazione degli Italianisti (Bologna, 13–15 settembre 2018), a cura di A. Campana e F. Giunta, Roma, Adi editore, 2020. https://www.italianisti.it/pubblicazioni/atti-di-congresso/natura-societa-letteratura
  9. Siehe auch https://horizonte-zeitschrift.de/de/article/0116_clara-sereni-via-ripetta-155-firenze-giunti-editore-s-p-a-2015-isbn-978-88-09-99335-8-pp-199-euro-1400/?hilite=Sereni
  10. Monica Schettino: «Memorialistica e Letteratura» in: Maria Serena Sapegno, Ilenia De Bernardis, Annalisa Perrotta (a cura di): Critica clandestina? Studi letterari femministi in Italia, Atti del convegno Sapienza Università di Roma 3–4 dicembre 2015, Roma, Sapienza Editrice, 2017, pp. 210–211. https://www.academia.edu/35431801/Critica_clandestina_Studi_letterari_femministi_in_Italia_Atti_del_convegno_Sapienza_Universit%C3%A0_di_Roma_3_4_dicembre_2015_a_cura_di_Maria_Serena_Sapegno_Ilenia_De_Bernardis_Annalisa_Perrotta_Sapienza_Editrice_Roma_201
  11. Lucia de Crescenzo: «La ricerca letteraria di Alba de Céspedes negli anni Quaranta.» In: La letteratura italiana e le arti, Atti del XX Congresso dell’ADI – Associazione degli Italianisti (Napoli, 7–10 settembre 2016), a cura di L. Battistini, V. Caputo e. al., Roma, Adi editore, 2018
  12. Ingendaay 2021.
  13. Frauke Meier-Gosau: «Alba de Céspedes: "Das verbotene Notizbuch": Ihr werdet für meine Liebe bezahlen», in: Süddeutsche Zeitung (01.02.2022) https://www.sueddeutsche.de/kultur/alba-de-cespedes-das-verbotene-notizbuch-feminismus-literatur-klassiker-insel-verlag-1.5519626
  14. Siehe auch Max Mengeringhaus in Deutschlandfunk Kultur, https://www.deutschlandfunkkultur.de/buchkritik-aus-ihrer-sicht-von-alba-de-c-spedes-dlf-kultur-75a99890-100.html
  15. Ingendaay 2021
  16. Barbara Vinken: «Aus ihrer Sicht – Seelenmord, Tyrannenmord», in: Alba de Céspedes: Aus ihrer Sicht, Berlin: Insel Verlag 2023, S. 623ff.
  17. https://www.suhrkamp.de/video/karin-krieger-spricht-ueber-aus-ihrer-sicht-von-alba-de-cespedes-b-3931