Horizonte Ausgabe 8 Titelkunst
Artikel

«Capri simbolo della nuova Italia»?
Literatur und Aktionskunst des Zweiten Futurismus am ‹futuristischen Ort› Capri

Esther Schmitz-Gundlach

Abstract

Der Essay stellt weniger bekannte Beispiele futuristischer Literatur und Aktionskunst, die zum Bild Capris als einem ‹Ort› des Zweiten Futurismus beitragen, in den Kontext der künstlerischen und politischen Situation der Bewegung zu Beginn der 1920er-Jahre. Zur Zeit der Etablierung des Faschismus gehen vom Convegno Italiano per la Difesa del Paesaggio (1922) auf Capri weitreichende Impulse für futuristische Kunst im Zusammenhang mit der Insel aus. In seinen Redebeiträgen auf dem Convegno entwirft Filippo Tommaso Marinetti (1876–1944) ein ‹Capri›, das «plastisch futuristische Insel» und «Symbol» eines «neuen Italien» ist. Francesco Cangiullos (1888–1977) Erzählung Marinetti a Capri (1922) setzt Marinetti als Figur und dem Convegno als Event der Verbreitung futuristischer Ideen ein literarisches Denkmal. Der Manuskript gebliebene utopische Roman Marinettis Vita futurista di Capri entwickelt diese Motive zu einem ‹futuristischen Leben› der Zukunft weiter. Ins gegenwärtige Capri rückt die serata des 30. August 1924 den Futurismus mit Mitteln der Aktionskunst und spiegelt aktuelle Situation und Repertoire futuristischen Theaters und Musik. Die Recherche fokussiert Zusammenhänge dieser Beispiele futuristischer Kunst auf Capri mit ästhetischen und politischen Intentionen der Bewegung.

Zur Situation der futuristischen Bewegung um 1920

Futuristische Kunst zu Beginn der 1920er-Jahre entsteht vor dem Hintergrund von Bemühungen Filippo Tommaso Marinettis um Anerkennung des Futurismus als Staatskunst durch das im Aufbau befindliche faschistische Regime. Nach dem krisenhaften Einschnitt des Ersten Weltkriegs steht die Entwicklung des Zweiten Futurismus in Wechselwirkung mit dem zwiespältigen Verhältnis Marinettis zu Benito Mussolini, Marinettis Bruch mit den Fasci di Combattimento am 29. Mai 19201 und dem sich etablierenden Faschismus. Ein primäres Ziel Marinettis in dieser Zeit ist es, die Marginalisierung der Bewegung in einem faschistischen Italien zu verhindern. Als wahrscheinlich wird daher angesehen, dass ihn – entgegen dem 1920 verkündeten Bruch mit dem Regime – schließlich pragmatische Gründe zu einer Kompromisshaltung diesem gegenüber bringen.2 Daraus resultieren eine Konfrontation mit dem linken Flügel der Bewegung und eine Transformation des offiziellen Futurismus in künstlerischen wie politischen Standpunkten.3 In seinem Manifest I diritti artistici propugnati dai futuristi italiani. Manifesto al governo fascista (1923) prangert Marinetti die staatliche Haltung gegenüber futuristischer Kunst in Italien an.4 Ebenso deutlich wird darin aber, dass ein als offizielle Staatskunst protegierter Futurismus das Aufgehen der Bewegung im System bewirkt hätte, also beispielsweise einen Schulterschluss mit jenen vom frühen Futurismus als passatistisch radikal abgelehnten Institutionen wie der Mailänder Scala.5 Futuristische Kunst wird zu dieser Zeit durch das faschistische Regime systematisch verhindert,6 u. a. mit dem Ausschluss futuristischer Künstler von der Biennale in Venedig. Die ‹Metropole›, ein den frühen Futurismus kennzeichnender Topos, ist daher in der Realität dieser Phase von politischen Grabenkämpfen besetzt. Hier degradiert der sich aufbauende faschistische Apparat futuristische Kunst, indem er sie ignoriert und Möglichkeiten der Präsentation verweigert.7 In den Metropolen ringt andererseits Marinetti um Anerkennung futuristischer Kunst. Seit er nach seinem Bruch mit Mussolini erkennen musste, dass der Futurismus als politische Alternative zu den Faschisten und gegenüber der Furcht vor einer sozialistischen Revolution keine Chance haben würde, versucht er ab 1921, sich Mussolini wieder anzunähern.8 In der Überzeugung, dass in einer Politik, Kultur und Gesellschaft umfassenden Revolution Futurismus und Faschismus eine Allianz eingehen müssen, wird es für Marinetti ab 1922 zur politisch gangbaren Option, über eine Unterstützung des radikalen faschistischen Flügels (dicianovista) seine eigenen nationalen wie radikalen Ziele innerhalb des Faschismus zu fördern.9 Als Zeitpunkt der Kapitulation Marinettis vor dem faschistischen Regime, die zugleich ein Unterdrücken idealistischer Träume eines neuen und freiheitlicheren Italien bedeutet, gilt in der Forschung zum politischen Futurismus der Primo Congresso Futurista Italiano im November 1924.10

Der Convegno italiano per la difesa del paesaggio (1922) als Impuls

Diese ‹offizielle› Seite des Futurismus zu Beginn der 1920er-Jahre macht Freiräume für ein künstlerisches Überleben der Bewegung umso wichtiger und notwendiger. Der meridione als Topos, d. h. der Süden Italiens, entwickelt sich für den Zweiten Futurismus zu einem Gegenpol. Abseits der Großstädte und vor dem Hintergrund der politischen Situation erhält Capri quasi den Status einer Enklave. Aus Landschaft und inseltypischer Bauweise bezieht der Zweite Futurismus Impulse, die aufgrund von Insellage und generell vorindustrieller Ausstrahlung Süditaliens im Kontrast zur um Großstadt und Industrialisierung kreisenden Ästhetik des frühen Futurismus stehen. Sie verbinden sich nun mit dem auch in der frühen Phase schon verankerten weiteren futuristischen Topos der italianità und entwickeln ihn weiter.11 Bezogen auf politische Intentionen Marinettis impliziert italianità den Gedanken, dass der Künstler im Sinne der ‹Nation› zu arbeiten habe.12 Bereits in seinem mit Bruno Corrà gemeinsam verfassten und 1918 erschienenen Roman Isola dei baci war Capri Ort des Geschehens.13 Zu Beginn der 1920er-Jahre macht seine Vorliebe für die Insel Marinetti zu einem Fürsprecher Capris, erneut zum Autor und überdies selbst zur literarischen Figur. Dies ist umso interessanter als der Süden Italiens nicht nur in Poetik und Mythologie des Futurismus ein Gegengewicht zur mit dem Norden Italiens verknüpften modernolatria darstellt, sondern zugleich die Gegensätze ‹Norden› und ‹Süden› als kulturelle, psychische und geographische Kategorien in der Poetik Marinettis gelten können;14 Marinetti selbst empfand sich darüber hinaus, ohne in Italien geboren zu sein, als Neapolitaner.15 Zu den meridional besetzten Topoi, die zugleich der Futurismus zu seinen Wesensmerkmalen zählt, gehören Leidenschaftlichkeit, Respektlosigkeit, Spontaneität und Improvisation. Während Neapel aufgrund seiner Volkstümlichkeit von Bedeutung in der Poetik Marinettis ist, verlegt er Capri ins Zentrum seines imaginären Italiens.16 Dies belegen die folgenden Beispiele.

Capri, futuristisch empfunden: Marinettis Beiträge zum Convegno del Paesaggio 1922

Zu einer Konferenz zum Schutz und Erhalt der Insel, dem Convegno italiano per la difesa del paesaggio, lädt der Bürgermeister von Capri, Edwin Cerio, 1922 ein.17 Unter den Gästen des am 9. und 10. Juli 1922 stattfindenden und etwa 500 Besucher zählenden Convegno sind mehrere Futuristen: F. T. Marinetti als Redner, der Maler Enrico Prampolini (1894–1956), der Dichter Francesco Cangiullo (1888–1977), der Architekt Virgilio Marchi (1895–1960) und der dem Futurismus nahestehende Schweizer Schriftsteller Gilbert Clavel (1883–1927).18 Als futuristisch ausgelegte italianità, die «Liebe zu Italien, das nichts auf der Welt an Schönheit übertrifft»19 , deutet Marinetti in seiner Rede Il Discorso di Marinetti die Intentionen des Convegno. Landschaftliche Eigenheiten lassen ihn Capri als ‹futuristischen› Ort wahrnehmen. Generell schöpft der Futurismus künstlerisch aus dem Potenzial, das er im Moment der Überreizung der Sinne und der Überforderung der menschlichen Wahrnehmung vermutet. Überreizung und Überforderung bedingen, dass Sinne und Wahrnehmung diese Reaktionen herbeizuführen imstande sind. Dies sind sie nicht nur aufgrund der menschlichen Konstitution, sondern auch aufgrund dessen, was der Wahrnehmende bis dahin als Reiz erfahren und in sein individuelles Spektrum von Erfahrungen und Werten eingeordnet hat. Um dieses Potenzial, das auf Seiten der Reize die moderne, industrialisierte Welt bietet, nutzen zu können, findet der Futurismus zu seinen Idealen Geschwindigkeit, Dynamismus, Asymmetrie und erklärt sie von Beginn der Bewegung an zu Bedürfnissen einer ‹futuristischen› Wahrnehmung. Sie erkennt Marinetti in landschaftlichen Besonderheiten und im Leben auf Capri als erfüllt. Bewegtheit der geologischen Entstehung, Nähe zum Vulkan und Asymmetrie der Felsformationen inspirieren zu dem Bild, Capri sei ein «lebendiges Wesen».20 Schützenswert im Sinne des Convegno ist Capri bei Marinetti als solches Wesen, das ‹futuristische› Eigenschaften trägt. Die Felsen sind es, die dem Betrachter zurufen: «das erneuernde Feuer der Vulkane nährt all unsere Fantasie, Capri hat sich bewegt, bewegt sich, wird sich bewegen».21 Die Wahrnehmung steter Bewegtheit führt zu einer unendlichen Vervielfältigung der Prozesse und Eindrücke. Dies deutet Marinetti als im Kern revolutionär, Capri ist daher das «Unzählige».22 Die Insel gerät in seiner Rede zum Ort eines Übergangs, zur «letzten Station der traditionellen Erde»23 , zur «aus dem Meer der Rhythmen» «gegen die europäische Ordnung gestreckten Faust».24 Gleichzeitig lässt Marinettis Metapher der Landschaft Capris als «Kampf der Formen im Schmelztiegel des Chaos»25 die Insel als möglichen Ort der Genese einer neuen Welt verstehen; Capri ist Sinnbild für ein «neues Italien».26 Vor den politischen Hintergründen ist fraglich , ob dies insgeheim ein neues Italien futuristischer, auch nationalistischer Prägung, aber fernab des Faschismus’ Mussolinis meint. Einen geographischen Mythos bezieht dieses «neue Italien» in jedem Fall aus der Annahme, Capri sei «ein Stück jenes Kais, der einst Europa mit Afrika verband».27 Als «Zeugnis unermüdlicher vulkanischer Turbulenzen» weist die Insel in Marinettis Rede außerdem eine Verwandtschaft zu einer italienischen «Rasse» auf, der angeblich ebensolche vulkanischen Turbulenzen in den Adern pulsieren28 , und die dementsprechend in den Felsen Capris sich selbst erblicken muss: «typisch italienische Felsen, rebellisch, stürmisch, lyrisch, gewalttätig, kriegerisch, revolutionär wie unsere Seele, wie unsere gegenwärtige, vergangene, zukünftige und futuristische Kunst».29 Aus ihren asymmetrischen, arhythmischen und unvorhersehbaren Eigenschaften leitet Marinetti eine Prädestination der Insel zum Lebensraum eines ‹futuristischen› Menschen ab. Ausgestattet mit Eigenschaften, die ihn in Nonkonformität (bzw. Asymmetrie) zur geglätteten gesellschaftlichen Norm bringen, fügt dieser sich wie selbstverständlich in die lokalen Gegebenheiten ein. Quasi organisch, ‹natürlich› gestalten sich entsprechend eine futuristische Architektur und das Leben in ihr. Paesaggio, ‹Landschaft› meint also eine Synthese geographischer Lage, geologischer Formation sowie eines futuristisch konzipierten Lebens und seiner Gestaltung auf der Insel. Dies zeigt auch ein weiterer Redebeitrag Marinettis beim Convegno, Lo stile pratico. Er definiert einen Baustil für Capri, der das Haus «an den Grundriss, die Proportionen und die Farbe der Felsen» anpasst, «mit äußerster Einfachheit nach dem von den Felsen vorgegebenen Grundriss»;30 und dieser erlaubt «die Fenster nach der Sonne, dem Schatten und dem Wind zu öffnen und die Terrassen je nach der zu genießenden Aussicht auszurichten».31 Dergestalt in die natürlich geprägte Landschaft eingefügt, wird im capresischen Haus «Asymmetrie herrschen»:32 «Jeder Raum hat seine eigene Struktur und die erforderliche Höhe. Jedes Fenster hat die Größe und Position, die Licht und Luft vorgeben.»33 Unter Ablehnung jeglicher Elemente, die Stilen der Vergangenheit angehören könnten, gelten Marinetti ein Aufzug oder eine elektrische Lampe als unendlich viel schönere Objekte.34 In seinen Beiträgen zum Convegno 1922 sind Zusammenhänge mit ‹offiziellen› Forderungen Marinettis gegenüber dem faschistischen Regime erkennbar. In ihnen rückt er Capri ins Licht, das es als Ort zur Verwirklichung dieser Forderungen erscheinen lässt. Ein Ende fremder Einflüsse in italienischer Architektur, dagegen die Entwicklung einer nationalen Architektur wird Marinetti beispielsweise in dem bereits zitierten Manifest Diritti artistici (1923) fordern.35 Dem futuristischen Ort und Lebensraum ist in der Art, wie Marinetti Capri auffasst, zugleich eine Ereignishaftigkeit eigen. Aus geologischen Gegebenheiten und Simultaneität regen Treibens resultiert die Empfindung, Capri sei ein lebendiges Wesen. Dem für die ‹futuristischen› Eigenschaften Capris empfänglichen, weil ‹futuristisch› empfindenden Marinetti überträgt die Insel Leben, Optimismus, Schaffenskraft.36 Der Mensch befindet sich bei Marinetti nicht allein auf der Insel und in ihrer Landschaft37 , er geht in ihr auf. Kontraste geologischer Eigenschaften und Sinneseindrücke scheinen dem Wahrnehmenden ereignishaft zueinander in Beziehung zu treten, sodass sie sich fast schon zu futuristischer Aktionskunst als quasi-natürlicher Konsequenz fügen: Als «plastisch futuristische» Insel empfindet er sie, «von unendlicher Originalität, als wäre sie von futuristischen Architekten konstruiert, von futuristischen Malern gemalt, besungen und musikalisiert von Cangiullo und Casella».38 Bereits 1913 hatte Marinetti das Varieté in seinem Manifest Il Teatro di Varietà programmatisch für den Futurismus entworfen; 1922 ergibt in seiner futuristischen Wahrnehmung die gesamte Insel ein solch ereignishaftes Programm: «Varieté! Varieté dieser mediterranen caffè-concerto-Insel. Tag und Nacht fortgesetztes Spektakel. Die typischsten Nummern Europas für das stets höfliche und gegenüber Tritoni und Sirenen sehr aufmerksame Publikum.»39 Dass Marinetti Capri in seiner Rede sowohl zum «Symbol des neuen Italien» als auch zur «futuristischen Insel» erklärt, zeigt in Bezug auf die offizielle Seite des Futurismus sein Bemühen um Loyalität zum faschistischen Regime, und lässt zudem an seine Überzeugung denken, der Futurismus sei der rechtmäßige Vorgänger des Faschismus.40 ‹Italien› am Ort Capri ist somit ebenso eine futuristische Okkupation faschistischer Ideologie, also ein Symbol des «neuen» faschistischen Italien, wie futuristisch-nationalistisch gedachtes Symbol.

F. T. Marinetti in Francesco Cangiullos Erzählung Marinetti a Capri (1922)

Der Gegensatz zwischen ‹Nord› und ‹Süd› nicht allein in der futuristischen Ästhetik, sondern als Eigenschaft der Persönlichkeit Marinettis selbst spiegelt sich in der auf «Sommer 1922»41 datierten, in engem zeitlichen Zusammenhang mit dem Convegno stehenden Erzählung Marinetti a Capri des aus Neapel stammenden futuristischen Autors Francesco Cangiullo (1888–1977). Sie ist ein Dokument der Verehrung Marinettis, das ihn selbst vor der Kulisse der Insel ins Zentrum rückt. Über den direkten zeitlichen Verweis hinaus besteht hier ein enger Zusammenhang mit dem Convegno. Marinettis Aktivitäten dort sind erzählerischer Impuls. Dem langjährigen Weggefährten Cangiullo scheint auf Capri nicht Marinetti als Futurist der Metropolen, sondern ein ‹anderer› Marinetti› sichtbar zu werden42 : Das einzige Mal, dass er Marinetti «weit davon entfernt, einen futuristischen Kampf zu führen»43 , gesehen habe, sei auf der Insel gewesen. In der Umgebung Capris müssten selbst seine Feinde denken, er sei wahrhaftig ein «großer Dichter». Dazu brauche es seine Posen ebenso wie die vom Bürgermeister Capris, Edwin Cerio, zum Schutz ausgerufene Landschaft, während Marinetti «in den Metropolen» ganz anders posiere. Zu einem fast wehmütigen Rückblick auf futuristische Aktivitäten inspiriert Capri Cangiullo.44 Die Problematik der in Flügel zerfallenden Bewegung ist ebenso Gegenstand seiner Erzählung wie die Erinnerung an die frühe Zeit des Futurismus, die geprägt davon war, dass futuristische Kunst in Italien allgemein als nicht ernst zu nehmen rezipiert wurde.45 Cangiullo zeigt Marinetti in der biographischen Momentaufnahme insofern an einem Übergang der öffentlichen Wahrnehmung, als er hier zu «questo Grande Uomo, questo Grande Poeta» erhoben ist, von dem «heute», 1922, «endlich alle von diesem Mann von Überzeugung und Genie»46 sprächen. Der Zusammenhang mit der Insellage, abseits der Metropolen und in anderem Licht, bringt also ein anderes Verständnis der Person Marinettis hervor. In Anspielung auf Marinettis Rede auf dem Convegno und überzeugt, dass die Welt ein «Varieté-Programm» sei, verlässt Cangiullo Capri wieder.47 Von der futuristischen serata als Kunstform, die der frühe Futurismus prägte, bleibt in diesem biographischen Rückblick der Gegensatz zwischen Mission und Reaktion des Publikums.48

Futuristisches Arkadien der Zukunft: Marinettis Roman Vita futurista di Capri

Während Francesco Cangiullo in seiner Erzählung Marinetti a Capri ein Bild F. T. Marinettis als idealem Dichter Capris zeichnet,49 setzt Marinettis eigener, Manuskript gebliebener Roman Vita futurista di Capri dies autofiktional um. Er radikalisiert darin die Idee einer futuristischen Insel und entwirft ein Capri «fuori tempo spazio»50 , fernab von Zeit und Raum also. Die Deklaration Capris zum «Symbol des neuen Italien» in seiner Rede auf dem Convegno erhält darin eine weitere, gegenüber dem Regime vermutlich nicht-offizielle Bedeutung: die eines «neuen», aber futuristischen Italien. Der Zeitpunkt der Entstehung des Manuskripts ist unklar.51 Wie in der Erzählung Cangiullos belegen direkte inhaltliche Bezüge und Anspielungen auf den Convegno 1922, dass der Roman in jedem Fall danach entstanden sein muss. Darüber hinaus lassen die Topoi des ‹Taktilismus›52 und der Fliegerei bzw. des «Aero-…»53 auf eine Entstehungszeit in den 20er-Jahren schließen. Marinettis literarisches Pendant ist in der Figur des «futuristischen Aeropoeten Orgo» zu erkennen54 ; sein «weltumspannendes sechzigjähriges Genie» verteidigt «die Schönheit der italienischen Landschaft gegen die plagiatorische kommerzielle Kunst».55 Dies zeigt, welche Impulse auch literarisch von dem Convegno ausgingen: Weit entfernt von einer nur zur Provokation deklamierten Rede, sind die Forderungen Marinettis bereits auf dem Convegno so weitreichend intendiert, dass sie die Möglichkeiten der Realität überschreiten und sich literarisch entfalten. Der Roman versetzt die realen Figuren Edwin Cerio56 , Francesco Cangiullo und dessen Bruder Pasqualino57 , den Verleger Gaspare Casella aus Neapel, Serge Diaghilev58 , die Tänzer Nijinsky und Massine59 und andere in ein ‹utopisches Capri›, das einer futuristischen Weltordnung folgt. Der Convegno setzt sich als «literarischer und künstlerischer Kongress zur Verteidigung der italienischen Landschaft» fiktiv fort.60 Vita futurista di Capri greift außerdem auf den in der Rede erklärten futuristisch-geographischen Mythos zurück, die Insel Capri sei ein Stück jenen Kais, der einst Europa mit Afrika verbunden habe; er wird hier erneut beschrieben und somit fortgeschrieben.61 Marinettis Mythos Capri stellt sich als Alternative zu den Orten dar, die mit seiner realen Vita verknüpft sind – Capri ist Anti-Ägypten, Anti-Griechenland, Anti-Rom und Anti-Paris. Voraussetzung zur Überwindung der ‹klassischen› Ordnung sind die Topoi «Wahnsinn» und «Zerstörung»62 . Sie bewirken den Übergang zu einer neuen Ordnung; somit wird hier auch der Gedanke aus Marinettis Rede fortgeführt, Capri sei die letzte Station der traditionellen Erde.63 Capri ist im Roman Ursprungsort und Zentrum einer futuristischen Welt, der Convegno ihre Genese; im Roman geht es um das futuristische Leben Capris selbst. Marinetti hatte in seiner Rede 1922 ausgeführt, Capri sei ein «lebendiges Wesen», gegenüber dem Nostalgie und Vergangenheitskult keine Berechtigung haben. Hier bereits schienen Landschaft und Menschen eine Synthese einzugehen, auch Bilder, die auf Wachstum und Vervielfältigung nach dem Vorbild der Natur deuten, finden sich in der Rede; nicht «eins und harmonisch», sondern als das «Unzählige», ein «geographisches Lachen», «lebendig und ohne Vergangenheit» hatte Marinetti Capri definiert.64 Nicht vor dem realen Publikum beim Kongreß Konvent, sondern in der Fiktion, zukünftig und utopisch, verwirklicht sich dieses Konzept einer sich phantastisch entwickelnden und verändernden Insel.65 In einen Wettstreit der Eindrücke treten die Eigenheiten der Landschaft Capris.66 Das «futuristische Leben» mitsamt der gefühlten bzw. fiktiven Geographie erstreckt sich auf ‹Capri› über und unter Wasser; es folgt einer Art futuristischer Weltordnung. «Radioluna», der «Stern der lieblichen Intrigen, runder Verschwörer und Verschwender von Reizen» hat «über dem Horizont strenge Ordnungen von absolutem Frieden und Weisheit ausgestrahlt, sodass vor seinem Erscheinen blühende Bürger und Dorfbewohner jeden Geschlechts und Kalibers die Uniform ‹chiaro di luna› aus bläulichem antipolitischen und antimoralischen Gewebe tragen.»67 Abgesehen vom Convegno deutet sich die internationale Avantgarde als weiterer Bezugsrahmen des Romans an.68 Daraus sprechen Marinettis Bemühungen der 1920er-Jahre, den italienischen Futurismus nicht nur als einen wegweisenden Einfluss, sondern als Konzept eines ‹weltweiten Futurismus› zu präsentieren.69 Realen Begegnungen zwischen Futuristen und Publikum mag es darüber hinaus entspringen, wenn z. B. ein futuristischer Aeropittore in Bezug auf den Topos der ‹futuristischen› Sensibilität ausruft: «Ich möchte Taktilismen, die die Intelligenz und Sensibilität des Publikums wecken können».70 Literarisch also kann Marinetti Impulse, die Capri und die Situation der futuristischen Bewegung ihm in den 20er-Jahren geben, in Form der/einer «Insel Utopia»71 verwirklichen.

«Varietà! Varietà di questa isola caffè-concerto mediterraneo»: Capri als Ort futuristischer Aktionskunst am Beispiel der serata des 30. August 1924

Mit den Bildern einer Insel in Bewegung und eines Varietés liefert Marinettis Rede auf dem Convegno 1922 über die Literatur hinaus auch Impulse für die von den Futuristen seit Beginn der Bewegung geprägte Form der Aktionskunst: die serata. Im Gegensatz zum futuristisch-fiktiven Capri des Romans rückt sie das futuristische Kunstwerk in das Hier und Jetzt Capris selbst: Alle Anwesenden sind im Moment der Aufführung unmittelbar beteiligt. Ist dies zunächst das Wesensmerkmal jeder futuristischen serata, ist zu fragen, welche Zusammenhänge zwischen einer serata und den Intentionen des Zweiten Futurismus sowie Capris als ‹futuristischem Ort› entstehen.

«Una battaglia grandiosa». Wesen und Struktur der serata im Ersten Futurismus

Bereits im Namen der Bewegung ‹Futurismo› verbirgt sich die Intention, eine Gesellschaft zu «bewegen» sie also aauf die Zukunft hin auszurichten. F. T. Marinetti stilisierte dies zum futuristischen Gründungsmythos: Bei der Namensfindung für die Bewegung im Oktober 1908 in der Redaktion von F. T. Marinettis Zeitschrift Poesia habe er einen Moment lang zwischen «Dinamismo» und «Futurismo» gezögert. Die Symbiose von ‹Nation› und ‹Zukunft› geht von seiner Person aus, denn das «italienische Blut» in seinen Adern pulsiert gleich einer Kompassnadel stärker in Richtung «Futurismo».72 Die Ausrichtung auf die Zukunft trägt der Futurismus konsequent im Namen, weil er mit allem Vergangenen brechen will. Seiner Logik gemäß ist dies nur durch Bewegung und Tat denkbar und, da er auf den Bruch mit allen Traditionen für die gesamte Gesellschaft zielt, nur durch Aktivierung von Massen und in der Synthese von Kunst und Politik. Die direkteste und vielleicht idealste Kunstform findet der Futurismus daher in der Aktionskunst. Kommunikationstheoretisch sucht und wählt der frühe Futurismus bewusst die ‹Störung›, gleich für welche Kunst oder perzeptive Ebene; Widerstand und Eskalation sind die bei den Rezipienten gewünschten Reaktionen. Die ‹Störung› und die folgenden Reaktionen lösen zumindest theoretisch auf, was bis dato als Kunst mitsamt kulturgeschichtlich entwickelten Rezeptionsprozessen und Institutionen definiert war. Der Futurismus unterstellt, die Gesellschaft trage das Potenzial zum revolutionären Bruch flächendeckend in sich und sei dafür zu aktivieren. Inspiriert von dem französischen Dichter Alfred Jarry (1873–1907), der Theater als «Aktion» auffasste73 , bezeichnet «Futurismus» dementsprechend die Kunst-Aktion, d. h. arte-azione; sie sei ein «Gesetz mentaler Hygiene».74 Mit Hilfe der arte-azione bürgerliche Werte zu sprengen war eine grundlegende Intention des Futurismus und die futuristische serata das ab 1910 eingesetzte Format, das Marinetti nach Publikation des Gründungsmanifests im Figaro in Paris am 20. Februar 1909 zu einer möglichst massenhaften Verbreitung des Futurismus75 in die großen Theatersäle Italiens brachte. Zugleich wurden diese dabei zum öffentlichen Raum umfunktioniert und die Futuristen inszenierten dort sich selbst, nicht fiktive Figuren.76 Marinetti verfolgte die Intention, im Theater, das seiner Einschätzung zufolge 90% aller Italiener besuchten,77 eine breite gesellschaftliche Reichweite zu erzielen, die sich allein mit der Publikation von Manifesten in Zeitungen nicht erreichen ließ. Indem ein Skandal im Auditorium erst entsteht, liegt die eigentlich beabsichtigte azione auf Seiten einer erschütterten Menge im Saal, potenziert durch die zuvor einkalkulierte, aus dem Ereignis resultierende mediale Berichterstattung. Die serata rückt das Kunstwerk in die Gegenwärtigkeit selbst und bindet die Gesellschaft über die unmittelbare Konfrontation in den Prozess der Annäherung an ein utopisches Zukünftiges ein. In diesem Zusammenhang ist auch zu sehen, dass Marinetti daran gelegen ist, die «Jugend» der Künstler zu betonen, die ihn umgeben.78 Frühe Beispiele der serate zeigen, dass Marinetti Tumult bis hin zur Saalschlacht79 einerseits als Erfolg gegen den Passatismus feierte, während andererseits Presseberichte den Eindruck erwecken, dass viele Zuschauer sie eher aus Spaß am Spektakel besuchten.80 Während der serate wirken in den als Publikumsbeschimpfungen konzipierten discorsi nicht nur Ort, Art der Präsentation und Inhalte zu einem Konzept der Provokation zusammen, sondern bereits die Deklamation des Gründungsmanifests (1909), das die Provokation vielfältig umfasst, wurde bei solchen Veranstaltungen Teil eines performativen Gesamtkonzepts. Die Wirkungsmacht der Provokationen bemaß sich aus Sicht der Futuristen am Ausmaß der Saalschlacht und teils folgenden Restriktionen wie der Verhaftung.81 Die Auseinandersetzungen zwischen Künstlern und Publikum setzten sich manchmal in den Straßen fort, wurden vom Theater also weiter in den öffentlichen Raum und in gesellschaftliche Institutionen getragen. Ambivalent in der Entwicklung der serata ist allerdings, inwieweit die Nicht-Erfüllung futuristischer Intentionen die Oberhand gewann. Das Wechselspiel von Aktion und Reaktion ging zwar auf, kann aber da, wo es sich nicht mehr um echte Empörung handelte, auch zugunsten eines unverrückbaren Passatismus der italienischen Gesellschaft zu dieser Zeit verstanden werden. Für die futuristische Musik beispielsweise mag sich in humoristischen Gegenaktionen des Publikums bereits angedeutet haben, dass es von seiner Definition musikalischer Tradition Italiens nicht abrücken würde. Dies bedeutete für das Beispiel Luigi Russolos (1885–1947), dass die Umsetzung einer bis dahin unbekannten Auffassung von Musik mittels Konstruktion geräuschproduzierender Instrumente in Italien keine Förderung erfahren hat.

Die serata des 30. August 1924 im Hotel Quisisana, Capri

Ein Beispiel futuristischer Aktionskunst auf Capri zu Beginn der 1920er-Jahre ist das vollständig erhaltene Programm zur futuristischen serata des 30. August 1924 im Hotel Quisisana.82 Diese serata weist Überschneidungen mit Merkmalen derjenigen des frühen Futurismus auf, aber auch Unterschiede. Demnach stand diese serata unter der Schirmherrschaft von «Pro Capri». Angekündigt werden Beiträge der futuristischen Dichter F. T. Marinetti und Ruggero Vasari, außerdem futuristisches Theater, plastische Tänze, Musik und futuristische Deklamation. Als Regisseur fungierte Vasari, als Bühnentechniker Michailoff.83 Diese Besetzung entspricht jener, die für serate seit Entwicklung des Teatro Sintetico ab etwa 1913 typisch ist.84 Die Futuristen traten auf der Bühne nicht länger als Gruppe auf; die Gruppenstruktur der frühen futuristischen serate löste sich auf. Beteiligt zugunsten eines eigenständigeren Vorgehens waren danach einzelne Futuristen, während die Aufführungen oft von Schauspieltruppen umgesetzt wurden.85

Abb. 1: Ankündigung der serata am 30. August 1924. Aufbewahrt im Archivio del Centro Caprense Ignazio Cerio, Capri, Fondo Edwin, Fasc. 219.

Der aus Messina stammende Autor Ruggero Vasari (1898–1968) fungiert bei der serata am 30. August 1924 als Organisator und Regisseur. Aufgrund der eingangs umrissenen Situation der Bewegung liegt es nahe, dass Marinetti daran gelegen war, den Futurismus auf Capri einem möglichst internationalen Publikum zu präsentieren.86 Dem kommt zupass, dass Ruggero Vasari 1924 als Vertreter des Futurismus im Ausland galt,87 sodass bei der serata Marinettis Intentionen der Förderung junger Künstler und eines Futurismus auf internationaler Ebene auf einen jungen, bereits als dessen Vertreter arbeitenden Künstler treffen. Bedeutsam mag in diesem Zusammenhang auch sein, dass der seit Mitte 192288 in Berlin lebende Vasari in engem Kontakt mit dem Galeristen und Begründer der Zeitschrift Der Sturm, Herwarth Walden, stand und über dort arbeitende Regisseure89 mit einem Theater in Berührung gekommen war, das zu dieser Zeit als avancierter gelten konnte als das italienische.90 1922 hatte Ruggero Vasari in Berlin außerdem in der Absicht, im zentraleuropäischen Raum ein Sprachrohr für den italienischen Futurismus zu schaffen, die Zeitschrift Der Futurismus gegründet.91 Unter diesen Gesichtspunkten erscheint es zum einen umso bedeutsamer, dass bei dieser serata Marinetti hinter den 26-jährigen Vasari zurücktritt – Vasari leitet den Abend mit einem discorso über das futuristische Theater ein – und zum anderen, dass mit Marinetti und Vasari anders als beim Teatro Sintetico Futurista der Tourneen 1915/16 futuristische Prominenz im Saal nicht nur anwesend, sondern selbst an den Aktionen beteiligt ist und auftritt.92 Während die frühe Form der serata in ihrem Programm zur Provokation des Publikums Deklamationen futuristischer Dichtung, des Gründungsmanifests und daran sich anschließender politischer Statements vorgesehen hatte93 , entspricht das Beispiel des 30. August 1924 auf Capri der Entwicklung hin zu einer Präsentation künstlerischer Schwerpunkte, denen die futuristischen politischen und ästhetischen Intentionen eingeschrieben sind. Das Programm des ersten Teils der serata trägt den Titel Teatro Sintetico Futurista nicht etwa wie ein Etikett, sondern entspricht in Teilen auch dessen Repertoire, das während der verschiedenen Tourneen ab 1915 immer wieder verändert und angepasst wurde.94

Abb. 2: Programm der serata am 30. August 1924. Aufbewahrt im Archivio del Centro Caprense Ignazio Cerio, Capri, Fondo Edwin, Fasc. 219.

Dem Vortrag über das futuristische Theater von Ruggero Vasari folgen die insgesamt acht Stücke Vengono (Dramma d’oggetti) von F. T. Marinetti, Davanti all’infinito, Passatismo und Atto negativo von Emilio Settimelli (1891–1954), Il corpo che sale von Umberto Boccioni (1882–1916), Non c’è un cane von Francesco Cangiullo, Ecce homo von Ruggero Vasari und La garçonnière von Umberto Boccioni.95 Da das Teatro Futurista Sintetico als Form futuristischen Theaters 1921 zum Teatro della Sorpresa mit neuen Aufführungsstrukturen weiterentwickelt wurde96 , kann die Wahl des Programms für diesen Abend vielleicht als bereits in Anforderungen und Wirkung erprobtes Repertoire gelten und zudem den vor Ort vorhandenen Möglichkeiten geschuldet sein. Entsprechend der im Manifest Il teatro futurista sintetico (1915) formulierten Ansprüche an die Stücke dieser Art futuristischen Theaters – sintetico (dies meint sehr kurz und auf das Wesentliche der dargestellten Situation reduziert97 ), autonomo (d. h. keine Reproduktion, sondern nur sich selbst verpflichtet98 ), atecnico (d. h. die ‹passatistische›, traditionelle Theatertechnik zerstörend99 ), außerdem dinamico, simultaneo, alogico und irreale100 – richten sich die Stücke gegen traditionelle Erwartungen an das vom Verismo101 geprägte Theater dieser Zeit und gesellschaftliche Werte des Bürgertums. Zum Wesen der futuristischen Aktion, die in den sintesi eine künstlerische Form erhält, zählt, dass sie keine dramatische Handlung in traditionellem Sinne enthält; an deren Stelle treten Konflikt und Kontrast als kompositorische Merkmale. Auch fehlt ihr die Entwicklung auf ein Ziel hin, die durch den Verlauf selbst ersetzt wird.102 Das futuristische Theater ist dabei zum Medium gesellschaftspolitischer Intentionen der Bewegung bestimmt; es prozessiert Grundideen der futuristischen Kunst- und Lebensauffassung.103 Bei Marinettis sintesi Vengono. Dramma d’oggetti beispielsweise handelt es sich um ein Objekt-Drama mit Stühlen, Sesseln und einer gedeckten Tafel als ‹Protagonisten›. Die Aktion erzeugt eine Erwartungshaltung beim Publikum, da diese von Personal platziert und vorbereitet werden, während in Wahrheit einzig die Erwartung («Sie kommen») Gegenstand der Handlung ist, tatsächlich aber keine Schauspieler die Bühne betreten.104 Für den zweiten Teil sind in dem Programm Danze Plastiche Giavanesi («Plastische Javanesische Tänze») angekündigt, die der Berliner Maler und Tänzer Julius Hans Spiegel (1891–1974) aufführt: Danza di Budda, Danza delle spade, Danza grottesca; am Klavier begleitet Ines Bonessi.105 Die Danze Plastiche Giavanesi waren bereits zuvor ab Februar 1924 im Teatro degli Indipendenti von Anton Giulio Bragaglia in Rom aufgeführt worden,106 das zu dieser Zeit Künstler verschiedener Genres und Herkunft engagierte und mit Möglichkeiten nicht- bzw. antimusikalischen Tanzes experimentierte.107 Vergleichbar mit der musikalischen Untermalung von Stummfilmen dienten die ursprünglich asiatischen Gesänge – welche Musik Ines Bonessi zu den Tänzen spielte, ist nicht zu eruieren – rein dazu, eine Atmosphäre zu schaffen, es bestand also keine Verbindung etwa zwischen dem Rhythmus des Tanzes und der Musik. Der Tanz des in Masken und Kostümen von der hinduistischen Ikonographie inspirierten taubstummen Tänzers bildete dabei eine kinematische Abfolge von Figuren, die eine aus der anderen hervorgingen.108 Sie wurden von der Kritik positiv aufgenommen und vermittelten den Eindruck bewegter Skulpturen.109

Der dritte Teil der serata ist futuristischer Musik gewidmet, vorgetragen von Ines Bonessi am Klavier: die Stücke Profilo sintetico-musicale di F. T. Marinetti und Crepuscolo d’agosto von Silvio Mix (1900–1927) sowie Girotondo von Francesco Balilla Pratella (1880–1955).110 Während mit dem Werk Pratellas der Autor der futuristischen Manifeste und futuristische Musiker der ersten Stunde vertreten ist, lässt sich an der Wahl der Werke Silvio Mix’ erneut die Intention der Förderung junger futuristischer Künstler ablesen. Das Stück Crepuscolo d’Agosto ist eine Klavierfassung des gleichnamigen Orchesterwerks, sein Entstehen nicht sicher datierbar. Vermutlich entstand es zwischen 1921 und 1922.111 Das Profilo di Marinetti entstand 1923 und erschien 1924 bei der Società Editrice «L’Odierna»112 , was bereits kurz vor der serata auf Capri angekündigt wurde.113 Aufgeführt wurde es 1924 auch auf der Tournée des Teatro Futurista.114 Es ist der Frau Marinettis, der futuristischen Malerin Benedetta Cappa (1897–1977) gewidmet und wurde im November 1924 anlässlich der Onoranze Nazionali di F. T. Marinetti, animatore d’italianità gedruckt.115 Beide im Programm der serata vorgesehenen Stücke von Silvio Mix, Crepuscolo d’agosto und Profilo Sintetico-Musicale di Marinetti haben mit den sintesi die Kürze gemeinsam (sie umfassen 43 bzw. 36 Takte) und schaffen so allein aufgrund ihrer kurzen Dauer ein musikalisches ‹Ereignis›. Das Profilo zeichnet mit den Möglichkeiten des Klaviers «deciso con energia»116 ein akustisches Profil der Charaktereigenschaften Marinettis;117 und ist, mit Blick auf frühe futuristische Forderungen zur Musik, nicht mit Hilfe des Geräuschs, sondern hinsichtlich der harmonischen und Formensprache in einem traditionellen, zeitgenössischen Sinne ‹musikalisch›. Als Komponist zeigt sich Mix beeinflusst vom Impressionismus und von der Musik Alexander Skrjabins.118 Die tonalen Möglichkeiten des Instruments überschreitet das Werk für Klavier nicht, es lässt aber eine freiere Handhabung des Takts erkennen.119 Dies macht es zu einem Beispiel notierter Improvisation.120 Gleichwohl sah Silvio Mix die Ablösung der bisherigen tonalen Denkweise als zukunftsweisend an. Seine wenige Monate später auf dem Primo Congresso Futurista Italiano (23.–25. November 1924 in Mailand) vorgetragenen Forderungen einer Musik der Zukunft sind ungleich radikaler und lassen an kompositorische Verfahren von Edgard Varèse und Györgyi Ligeti denken. Zwar tritt Mix nicht persönlich während dieser serata als Künstler auf; doch mit der Wahl seiner Werke kündigt sich der Primo Congresso Futurista in mehrfacher Hinsicht schon an. Bezogen auf die Rolle Marinettis als Anführer der futuristischen Bewegung ist das Profilo Ehrung, bezogen auf dessen Rolle als Förderer junger Künstler der Bewegung wirbt es zugleich für einen Musiker der jüngeren Generation, der neben Franco Casavola (1891–1955) als größte Hoffnung für die futuristische Musik dieser Zeit galt. Bedeutsam ist nicht allein, dass im Rahmen der serata Marinetti mit einem musikalischen Portrait geehrt wird. Dass es zum Zeitpunkt 30. August 1924 aufgeführt wird, ist vor dem politischen Hintergrund der futuristischen Bewegung eine Antizipation der Ehrungen121 Marinettis auf dem Primo Congresso Futurista einerseits sowie der Rolle von Silvio Mix auf diesem Kongress andererseits. Silvio Mix, der sein Bild der Musikgeschichte ähnlich wie Luigi Russolo völlig auf die Zukunft ausrichtet, d. h. ‹Musik› als Kunst historisch erst am Anfang ihrer Entwicklung verortet122 , wird dort als futuristischer Musiker der jüngeren Generation seine Konzeption eines metadramma musicale vorstellen, das eine Erneuerung der Oper intendiert. Verschiedene künstlerische Ebenen erscheinen darin in Übereinstimmung mit der (futuristischen) Konzeption von Text und Szene gleichberechtigt komponiert: Gesang und instrumentalmusikalische Anteile, die als «musikalische Atmosphären» vor dem Publikum verborgen an Klang-Kompositionen im Raum späterer Generationen erinnern; ebenso sind Stille bzw. «absolutes Schweigen», Bühnenbild und Lichteffekte in die Rolle eigenständiger Akteure gehoben.123 Mix’ Auffassung von ‹Klang› versucht die Positionen F. B. Pratellas zur Zerstörung der «Quadratur und Eroberung der ‹Enharmonie›», diejenigen Russolos zum musikalisch zu erschließenden Geräusch und diejenigen in F. T. Marinettis Worte in Freiheit, deren onomatopoetische Anteile Sprach-Geräusch-Kompositionen sind, zu transzendieren und letztlich den Rezipienten auf dem Weg von Wahrnehmung und Wirkung Teil der postulierten gesteigerten futuristischen Sensibilität werden zu lassen. Mit der Intention «absoluter Ausdrucksfreiheit» weisen seine Ideen zu Polytonalität und Polychromatik auch von «Tonfragmenten», sein Verständnis des Akkords als eines «Generators von Obertönen und Superharmonien» und ein von einem «kreativen Kern» ausgehendes Verfahren der «Orchesterimprovisation» 1924 auf das Komponieren Györgyi Ligetis bzw. der elektronischen Musik voraus, ohne über das Wissen zur Komposition von Klängen zu verfügen, das diese Generation anhand neuer technischer Voraussetzungen erwerben wird.124 Dass die Stücke von Silvio Mix Teil des Programms auf Capri sind, ist im Zusammenhang mit der künstlerischen Zusammenarbeit von Ruggero Vasari und Silvio Mix für das Maschinen-Drama Angoscia delle Macchine über das Jahr 1924 hinaus bedeutsam.125

Die serata des 30. August 1924 erzielte auch ein Presseecho. Die größte Gefahr für die Protagonisten futuristischer serate stelle, wie der Rezensent «G. F.» in seinem Artikel Il futurismo a Capri ausführt, die «volle Zustimmung des Publikums» dar126 – der Leser erfährt überdies, dass es sich um ein sehr elegantes Publikum handelte.127 Zwar gingen aufgrund der räumlichen Bedingungen die Effekte nicht aller sintesi auf, dennoch ist die serata ein Erfolg in futuristischem Sinne, denn die Reaktionen der Anwesenden steigern sich von Applaus für Ruggero Vasaris «energisch und schroff»128 vorgetragene Ausführungen zum futuristischen Theater bis zu einem «Sturm»129 , «Gewalt»130 und einer «Schlacht»131 im Publikum während der aufgeführten sintesi. Die Tänze Spiegels werden dagegen als «echter Erfolg nach passatistischer Art» aufgenommen und beklatscht.132 Marinetti erzielte «heftige Proteste», als er nach einer «kämpferischen Rede über den Futurismus» anstelle einiger freier Verse, die als «große Attraktion des Abends» erwartet wurden, «mit einer sintesi in den Vordergrund» trat, «die synthetischer nicht hätte sein können»: «Er sagte einfach, mit lauter Stimme und drohender Haltung: Bildung und Futurismus. Sonst nichts. Synthetischer geht’s nicht mehr. Und man kann sich keine freieren Worte vorstellen als diese». Auf die im Programm vorgesehene futuristische Musik geht der Rezensent nicht ein; in seiner Beschreibung ging die serata mit der Musik eines kleinen Orchesters – vermutlich das Tanzorchester des Hotels – in Tanz zu Shimmy, Foxtrott und Tango über.133

Zusammenfassung

Capri zeigt sich als ‹Orts› des Zweiten Futurismus, der mit der Verbreitung futuristischer Intentionen in Aktionskunst vom zeitgenössischen Capri bis zu einem phantastischen ‹Capri› als Ursprung einer futuristischen Welt in der Literatur reicht. Vom Convegno Italiano per la Difesa del Paesaggio, auf dem Marinetti 1922 futuristische Intentionen offiziell am Ort Capri präsentiert, gehen dafür wegweisende Impulse aus. Während Marinettis Roman Vita futurista di Capri Manuskript bleibt und so keine größere Leserschaft findet, hat der Futurismus in der serata eine zu Beginn der 1920er-Jahre vielfach erprobte Form gefunden. Dass er erst in der Aktion lebendig wird134 , die stets über Provokation auf Interaktion zielt, Werte auf den Kopf stellen will und gleichermaßen künstlerisch wie politisch ist, gilt vor dem Hintergrund des sich konsolidierenden faschistischen Staats umso mehr. Serate wie der hier exemplarisch vorgestellten kommt in diesem Zusammenhang auch in der Phase des Zweiten Futurismus eine besondere Bedeutung zu, da sie, von Futuristen autonom organisiert, die Möglichkeit zur Präsentation bieten und ein mediales Echo erzielen. Darüber hinaus definieren Literatur und serata die Insel im Ensemble der Künste zusammen mit Malerei und Architektur zu einem weitreichenden ‹Ort› der Imagination, mit dem Capri sich auf einer futuristischen Landkarte als ein Zentrum futuristischer Kunst abseits der Metropolen ausweist.

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1 und 2: Ankündigung und Programm der Grande serata futurista am 30. August 1924 im Hotel Quisisana, Capri. Aufbewahrung: Archivio del Centro Caprense Ignazio Cerio, Capri, Fondo Edwin, Fasc. 219: Filippo Tommaso Marinetti. Bildrecht: Archivio del Centro Caprense Ignazio Cerio, Capri.

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  1. Günter Berghaus: Italian Futurist Theatre 1909–1944. Oxford: Clarendon 1998, S. 329.
  2. Vgl. Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 332 f.
  3. Vgl. Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 332.
  4. F. T. Marinetti: «I diritti artistici propugnati dai futuristi italiani. Manifesto al governo fascista» (1923). In: F. T. Marinetti: Teoria e Invenzione Futurista. Hg. v. Luciano De Maria. Mailand: Mondadori 7. Aufl. 2010, S. 562 ff.
  5. Vgl. Marinetti, «I diritti artistici» (wie Anm. 4), S. 564 f.
  6. Vgl. Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 334.
  7. Vgl. Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 335 ff.
  8. Vgl. Ernest Ialongo: Filippo Tommaso Marinetti. The Artist and his Politics. Maryland: Fairleigh 2015, S. 122.
  9. Vgl. Ialongo, Filippo Tommaso Marinetti (wie Anm. 8), S. 125.
  10. Vgl. Ialongo, Filippo Tommaso Marinetti (wie Anm. 8), S. 143.
  11. Vgl. Michelangelo Sabatino: «Architecture». In: Handbook of International Futurism. Hg. v. Günter Berghaus. Berlin, Boston: de Gruyter 2018, S. 72 f.
  12. Vgl. Ialongo, Filippo Tommaso Marinetti (wie Anm. 8), S. 127.
  13. Vgl. Luciano Caruso: «Breve storia del futurismo a Capri. Ovvero il paradiso (mancato) dei futuristi». In: Nord e Sud 33/1986, S. 108.
  14. Vgl. F. T. Marinetti, zitiert in: Claudia Salaris: «Marinetti e il Sud». In: Futurismo e Meridione. Hg. v. Enrico Crispolti. Neapel: Electa 1996, S. 22: «Infatti sono un futurista […] italianissimo senza italiana città nativa ma mi sento spesso napoletano per il mio sangue ardente e la mia gesticolazione eccessiva quanto la vostra. Eccessivo ma utile per figurare plasticamente la verbalizzazione del pensiero».
  15. Vgl. Claudia Salaris: «Marinetti e il Sud». In: Futurismo e Meridione. Hg. v. Enrico Crispolti. Neapel: Electa 1996, S. 22.
  16. Vgl. Salaris, «Marinetti e il Sud» (wie Anm. 15), S. 26.
  17. Vgl. Lambiase, Sergio: «Futuristi a Capri». In: Capri 1905–1940. Frammenti postumi. Ricerche e testi di Elisabetta Fermani e Sergio Lambiase. Hg. v. Lea Vergine. Mailand: Il Saggiatore 2018, S. 151.
  18. Jobst C. Knigge: Edwin Cerios Capri: Ein kleines Welttheater im Mittelmeer. Ein Beitrag zur Kulturgeschichte Capris. Berlin 2017. S. 27. http://edoc.hu-berlin.de/18452/14334 letzter Zugriff 01.05.23
  19. F. T. Marinetti: «Il discorso di Marinetti al ‹Convegno italiano per la difesa del paesaggio›», Capri, settembre 1926 (?) [sic]. In: Manifesti futuristi. Hg. v. Luciano Caruso. Florenz: Spes-Salimbeni 1980, Nr. 391 [Anm. d. A.: Die hier im Titel mit einem Fragezeichen versehene Jahresangabe ist nicht korrekt, die Konferenz fand 1922 statt.]: «[…] Sono idee, che hanno una essenza importantissima, già affermata in questo Convegno: l’amore per l’Italia che nulla al mondo supera in bellezza!», S. 1.
  20. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: «Capri è una creatura viva, viva! e come tale va difesa […]».
  21. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Gridano ancora le rocce: - Il fuoco novatore dei vulcani nutre ogni nostra fantasia. Capri si è mossa, si muove, si muoverà».
  22. Vgl. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Capri, i critici e pedanti ti vedono una e armoniosa. Io ti chiamo l’Innumerevole. Sei la molteplicità, la simultaneità ilare cinica e religiosa entusiasta».
  23. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Capri, ultima stazione della terra tradizionale […&93#;».
  24. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «[…] sei un pugno teso fuori dal mare dei ritmi contro l’ordine europeo e il suo burocratico dovere morale».
  25. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Battaglia di forme nel crogiuolo del caos».
  26. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: «Viva Capri, cari forestieri, Capri simbolo della nuova Italia, riassunto geologico e plastico della nostra penisola e della nostra razza».
  27. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: […] un pezzo di quella banchina che una volta legava l’Europa all’Africa».
  28. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: «Pezzo rimasto a testimonianza delle instancabili turbolenze vulcaniche. Queste non cedono mai nella nostra terra e nelle nostre vene, gonfie d’individualismo d’arte creatrice, di lotta e di vittoria».
  29. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Quando vi dico che queste rocce rassomigliano a quelle del Carso, io le definisco come tipiche rocce Italiane, ribelli, tumultuose liriche violente guerresche rivoluzionarie, come la nostra anima, come la nostra arte presente, passata, futura e futurista!».
  30. F. T. Marinetti: «Lo stile pratico. Comunicazione di F. T. Marinetti». In: Il Convegno del Paesaggio. Edizione delle Pagine dell’Isola di Edwin Cerio – Capri. Neuauflage, Neapel: Edizioni La Conchiglia 1993, S. 67: «Se per stile rurale si intende adattare la casa al piano alle proporzioni al colore delle rocce siamo d’accordo».
  31. F. T. Marinetti, «Lo stile pratico» (wie Anm. 30), S. 67: «Occorre costruire con la massima semplicità la propria casa secondo il piano offerto dalle rocce, secondo il sole l’ombra il vento, aprendo finestre e sporgendo terrazze secondo la vista da godere».
  32. F. T. Marinetti, «Lo stile pratico» (wie Anm. 30), S. 67: «In questa vostra casa semplice, logica e veramente caprese regnerà l’assimetria».
  33. F. T. Marinetti, «Lo stile pratico» (wie Anm. 30), S. 67: «Ogni camera avrà la sua struttura speciale e la sua altezza necessaria. Ogni finestra avrà le dimensioni e la posizione che la luce e l’aria impongono».
  34. Vgl. F. T. Marinetti, «Lo stile pratico» (wie Anm. 30), S. 67.
  35. F. T. Marinetti, «I diritti artistici» (wie Anm. 4), S. 566.
  36. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: «A me Capri dà della vita, della forza, dell’ottimismo, e la luce della Luna, anch’essa, non può assolutamente vincere questo forte ottimismo di vita nuova e di creazione. Questo sano ottimismo virile fecondo e creatore è in noi italiani, in queste rocce che voi vedete e amate!».
  37. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 1: «Noi abbiamo sotto di noi, intorno a noi un paesaggio […]».
  38. Vgl. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Ma io sento l’Isola plasticamente futurista, cioè gonfia di originalità infinite come se fosse scolpita dagli architetti futuristi Sant’Elia Virgilio Marchi, dipinta da Balla Depero Russolo Prampolini, cantata e musicata da Francesco Cangiullo e da Casella!». Anm. d. A.: Der Name «Casella» erscheint hier ohne den Vornamen; die gemeinsame Nennung mit Francesco Cangiullo macht es wahrscheinlich, dass hier der Verleger Gaspare Casella aus Neapel gemeint ist, der auch Cangiullos Erzählung Marinetti a Capri verlegte.
  39. F. T. Marinetti, «Il discorso» (wie Anm. 19), S. 2: «Varietà! Varietà di questa isola caffè-concerto mediterraneo. Spettacolo continuo notte e giorno. I più tipici numeri di Europa per il pubblico sempre cortese affollatissimo attento dei Tritoni e delle Sirene.»
  40. Vgl. dazu Ialongo, Filippo Tommaso Marinetti (wie Anm. 8), S. 126.
  41. Francesco Cangiullo: Marinetti a Capri. Blu marino. Neapel: Casella 1922, S. 14.
  42. Vgl. Cangiullo, Marinetti a Capri [alle Schreibweisen bei Cangiullo so i. Orig.], S. 9: «Oh, allora sì! che qualunque dei tuoi nemici, sorprendendoti in simili contemplazioni, avrebbe pensato, (perchè i nemici possono pure pensare cose buone, ma non riescono a dirle) avrebbe pensato non senza tristezza: ‹È veramente un grande poeta!› Occorre anche la posa e il paesaggio, di cui Cerio ne reclama la difesa, perché la gente dica così. Ma tu ben diversamente posi, nelle metropoli, mio caro amico!».
  43. Cangiullo, Marinetti a Capri, S. 8: «Forse questa sentimentale film-souvenir mi si proietta alla mente perchè é l’unica volta che ho visto Marinetti in un’isola, lungi dal dare battaglia futurista.»
  44. Vgl. Cangiullo, Marinetti a Capri (wie Anm. 41), S. 7: «E andando giù giù con la mente di sognatore, m’immergo, simile al vaporetto, nei miei ricordi battaglieri… E rivedo tutti i movimentati innumerevoli incontri col Maestro, entusista, apostolica, magnifica, italianissima figura di novatore, dal potente cervello fosforescente e dall’animo ampio di generosità, che per Ideale e per altruismo mette a disposizione tutta la sua energia, tutta la sua autorità, tutto il suo genio, tutta la sua fortuna!».
  45. Vgl. Cangiullo, Marinetti a Capri (wie Anm. 41), S. 8.
  46. s. o. Anm. 43
  47. Vgl. Cangiullo, Marinetti a Capri (wie Anm. 41), S. 14.
  48. Cangiullo, Marinetti a Capri (wie Anm. 41), S. 8: «Li rivedo i nostri incontri abborracciati in ogni città e paese d’Italia, sempre per il nostro sconfinato amore a un’arte fatta di originalità, di sacrifizi, di ottimismo, d’Idealismo!.. sempre per la nostra sincera missione di dire cose nuove a gente che aveva la pretesa di giudicarci l’indomani della serata senza averci potuto ascoltare, non solo, a mettendoci tutto de suo per non lasciarci parlare!»
  49. Vgl. Cangiullo, Marinetti a Capri (wie Anm. 41), S. 5 f.: «[…] Marinetti non si vede più. Si sarà fuso anche lui - per il suo tuffo del pomeriggio - nel bagno in quei colorifici subacquei di salsi cobalti, celesti e verdi smeraldo stemperati nel mare... Ma si riesce a trarlo dalle acque e darlo al Regno della Poesia stampata, il fenomenale maraviglioso Poema dei subacquei intarsi di liquidi lapislazzuli, avori rosati, ebano viola e madreperle cangianti? degli occhi di gatto rasati e fosforescenti? degli incastri nel mare di brillanti elettrici, d'acqua purissima? Si può cantarlo il Poema dei misteriosi incanti di quelle reti di luce che si dinoccolano sott'acqua, delle peluches, delle pellicce d'acquario, dei velluti prismatici, dei musaici irrequieti d'argento vivo, delle pelli di leopardi sottomarine niellate con i mille riflessi del magico caleidoscopio delle rade partenopee? [...] Chi sarà il Poeta di questi odorosi boschetti nani sottomarini placcati di celeste? di queste insenature di paillettes? di questo truccato mare cafè-chantant? di questa miracolosa féerie in fondo ad un mare allucinato che scrosciando sfoglia sul renaio le sue onde vitree? di questo vivaio dell'arte pirotecnica del Sole? Chi sarà il Poeta? se non tu? […]»
  50. F. T. Marinetti: Vita futurista di Capri. Amorosa Capri fuori Tempo Spazio, S. 1 [Manuskript]. Aufbewahrt wird das hier zitierte Typoskript, eine maschinenschriftliche Abschrift wahrscheinlich von Benedetta Cappa Marinetti, von der Beinecke Rare Book and Manuscript Library der Yale University Library unter Filippo Tommaso Marinetti Papers, GEN MSS 130, series IV, Box 39, folder 1690.
  51. Die Bibliographie der Werke Marinettis von Desideri verzeichnet es nicht, vgl. Giovannella Desideri: «Bibliografia generale delle Opere di F. T. Marinetti». In: F. T. Marinetti futurista. Inediti, pagine disperse, documenti e antologia critica. Hg. v. Sergio Lambiase, G. Battista Nazzaro u. a. Neapel: Guida 1977, S. 383–402; auch im Manuskript finden sich keine Hinweise auf ein Jahr der Entstehung.
  52. F. T. Marinettis Manifest Der Taktilismus erschien 1921; eines der Kapitel in Vita futurista di Capri ist mit «Il Quisibeve Tirrenico dei Tattilismi» überschrieben, vgl. F. T. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 100. Anm. d. Verf.: «Quisibeve» dürfte überdies auf das Hotel «Quisisana» auf Capri anspielen.
  53. 1929 veröffentlichte F. T. Marinetti ein Lexikon: Primo dizionario aereo italiano. In collaborazione con Fedele Azari. Mailand: Morreale 1929.
  54. Vgl. auch Claudia Salaris: «L’immagine futurista di Napoli». In: Il futurismo a Napoli. Hg. v. Matteo d’Ambrosio. Neapel: Morra 1995, S. 26.
  55. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 3: «Fra poco saranno qui l'avvocato Porzio primo avvocato penalista di Napoli e l'aeropoeta futurista Orgo la cui genialità mondiale e sessantenne difende la bellezza del paesaggio italiano contro l'arte plagiaria commerciale e contro la noia della vecchiaia curva ai parapetti del suicidio».
  56. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 3.
  57. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 11.
  58. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 7.
  59. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 8: «Vi presento Nigynsky [sic] e Massine illustri anguille del palcoscenico inferocite dal duetto d’amore verdiano».
  60. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 3: «Il chiaro di luna mette l'acceleratore alle chiacchiere e dopo arabeschi vocali di Porzio arrotondatore del golfo Orgo ne infilza le polpe e i polpi con raggianti fiocine di immagini inaspettate. A conclusione o se si vuole a inizio di questo famoso congresso letterario e artistico in difesa del paesaggio italiano non offenderò l'estetica della macchina velocità inventata dai futuristi e stendo morbidi elogi sul corpo coricato dell'isola».
  61. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 3: «Gesto disperato di una rivolta geologica Capri è un pezzo della banchina che legava l'Europa all'Africa. Il centro sprofondo tra monte Solaro e monte Tiberio. Gomiti aguzzi emersi dall'acqua di un colosso schiacciato in fondo non deve più rivedere il sole».
  62. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 5: «Governi finalmente la pazzia a distruggere ogni ordine classico e gloria a Capri anti Egitto anti Grecia anti Roma anti Parigi. Benvenuto il tormento aviatorio delle tue rocce a mille buchi che invocano eliche roteanti focose antitesi bagnate dal pianto di Baudelaire. Simile ad un fazzoletto di niveo lino innervosito da collere adamantine il capo gabbiano corregge implora l'atmosfera estatica».
  63. Vgl. Anm. 23.
  64. Marinetti, Il discorso (wie Anm. 19), S. 2.
  65. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 2: «La vita caprese è un languido brillante e cadenzato saliscendi di desideri pettegolezzi e fantasie volanti dai parapetti su e giù per i gradinati viottoli che flessuosamente studiano nelle cale marine i ricami delle schiume per ripeterne la delicatezza ai roccioni allampanati e ai pampini per carità non finiscano nel vizio del vino per virilizzarsi da maleducati».
  66. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 8: «E in questa nostra Capri italiana e mondiale vi invito tutti a gare certo meraviglianti. Per esempio una gara fra uno strapiombo di Tiberio e una cala di Sorrento con bizzarrie vaporosità di schiume rintocchi musicali a volontà. Una gara di nostalgia longimirante fra una terrazza caprese e un loggiato di convento amalfitano. Una gara di tristezza fra due scogli solitari. Una gara di misticismo sobillato dal demonio fra due breviari letti a passi meditati a picco sul mare» usw.
  67. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 2: «L'astro dei soavi intrighi tondo complottatore e sperperatore di fascini ha irradiato al disopra dell'orizzonte ordini severi di pace assoluta e candore cosicché prima del suo apparire fiorenti popolane e villeggianti d'ogni sesso e calibro indossano la uniforme "chiaro di luna" tessuto bluastro antipolitica e antimorale».
  68. Vgl. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 102: «I simbolici Eccentrici delle Avanguardie letterarie artistiche europei americane giapponesi assaggiano coi polpastrelli abituati alla penna e al pennello e vi smarriscono i ragionamenti. Ce ne sera jamais un art pour la peuple».
  69. Aus dem Jahr 1924 z. B. stammt das in Paris veröffentlichte Manifest Le futurisme mondial. Manifeste à Paris; vgl. Günter Berghaus / Selena Daly: «Preface. International Futurism». In: Handbook of International Futurism. Hg. v. Günter Berghaus. Berlin / Boston: de Gruyter 2018, S. X.
  70. Marinetti, Vita futurista di Capri (wie Anm. 48), S. 102: «Un aeropittore futurista invoca: Vorrei tattilismi capaci di svegliare l'intelligenza e la sensibilità del pubblico».
  71. Dieter Richter: Die Insel Capri. Ein Portrait. Berlin: Wagenbach 2018, S. 113.
  72. Vgl. F. T. Marinetti: «Guerra sola igiene del mondo». In: Ders.: Teoria e invenzione futurista (wie Anm. 4), S. 235: «I miei amici poeti Paolo Buzzi, Corrado Govoni, Enrico Cavacchioli, Armando Mazza, Luciano Folgore, cercavano con me una parola d’ordine. Esitai un momento fra le parole Dinamismo e Futurismo. Il mio sangue italiano balzò più forte quando le mie labbra inventarono ad alta voce la parola Futurismo».
  73. Vgl. Mario Musella: Serate futuriste. Gli strepitosi vagiti dello spettacolo d’avanguardia italiano. Neapel: Diana 2019, S. 15.
  74. Vgl. Marinetti, «Guerra sola igiene del mondo». In: Ders.: Teoria e invenzione futurista (wie Anm. 4), S. 235: «[…] la parola Futurismo. Era la nuova formula dell’Arte azione e una legge d’igiene mentale».
  75. Vgl. Ann-Katrin Günzel: «Die futuristische serata als inszenierter Skandal». In: Futurismus. Kunst, Technik, Geschwindigkeit und Innovation zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Hg. v. Irene Chytraeus-Auerbach / Georg Maag: Berlin: Lit-Verlag 2016, S. 64.
  76. Vgl. Günzel, «Die futuristische serata als inszenierter Skandal» (wie Anm. 73), S. 63.
  77. Vgl. Günzel, «Die futuristische serata als inszenierter Skandal» (wie Anm. 73), S. 63.
  78. Vgl. z. B. Marinetti, «Guerra sola igiene del mondo». In: Ders.: Teoria e invenzione futurista (wie Anm. 4), S. 237: «Avevo intorno a me dei grandi poeti giovanissimi».
  79. Vgl. Günzel, «Die futuristische serata als inszenierter Skandal» (wie Anm. 73), S. 69.
  80. Vgl. Günzel, «Die futuristische serata als inszenierter Skandal» (wie Anm. 73), S. 66 f.
  81. Vgl. Marinetti, «Guerra sola igiene del mondo». In: Ders.: Teoria e invenzione futurista (wie Anm. 4), S. 238: «I commissari di servizio salirono sulla scena, cingendo le sciarpe, ma noi continuammo con grande violenza la nostra dimostrazione contro la Triplice Alleanza, fra le acclamazioni frenetiche degli studenti. Gli agenti di polizia invasero la scena ed io fui arrestato, ma rilasciato poco dopo.»
  82. Ankündigung und Programm der serata des 30. August 1924. Aufbewahrt im Archivio del Centro Caprense Ignazio Cerio, Capri, Fondo Edwin, Fasc. 219: Filippo Tommaso Marinetti.
  83. Ankündigung der serata (wie Anm. 80), S. 1.
  84. Vgl. dazu Ann-Katrin Günzel: Eine frühe Aktionskunst: Die Entwicklung der ‹arte-azione› im italienischen Futurismus zwischen 1910 und 1922. Ein Vergleich mit Happening und Fluxus. Frankfurt a. M.: Lang 2006, S. 123.
  85. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 205.
  86. Das Grand-Hotel Quisisana wirbt noch heute damit, seit «seiner Eröffnung im Jahr 1845» «der Zufluchtsort von Prinzen, Filmstars und Schriftstellern» zu sein; vgl. https://www.quisisana.com/de/index letzter Zugriff am 01.05.23.
  87. Günter Berghaus zufolge ist nicht bekannt, ob Vasari Italien aus künstlerischen Gründen verlassen hatte oder weil er keine Hoffnungen in die Möglichkeit der Weiterentwicklung des Futurismus im faschistischen Staat setzte; vgl. Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 502. Ruggero Vasari selbst widmete Capri eine Erzählung: vgl. Ruggero Vasari: «Una notte, a Capri… Novella di Ruggero Vasari». In: L’Impero 21. Mai 1925, o. S.
  88. Vgl. Fernando Maramai: Ruggero Vasari. Una vocazione futurista nell’Europa delle avanguardie storiche. Siena: Betti 2005, S. 77.
  89. Vgl. dazu auch Berghaus, Italian Futurist Theatre (wie Anm. 1), S. 503.
  90. Vgl. Maramai, Ruggero Vasari (wie Anm. 86), S. 92.
  91. Vgl. Enrico Crispolti: «Ruggero Vasari». In: Futurismo e Meridione (wie Anm. 14), S. 281 f.
  92. Dies entsprach nicht der gängigen Praxis; die Stücke wurden nicht von Futuristen aufgeführt bzw. es wurde keine futuristische Schauspieltruppe gegründet, sondern auf Truppen zurückgegriffen, die an das traditionelle Theater gewohnt waren; vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 137.
  93. Vgl. Günzel, Die futuristische serata als inszenierter Skandal (wie Anm. 73), S. 61.
  94. Vgl. zum Repertoire des Teatro Futurista Sintetico Giovanni Antonucci: Cronache del Teatro Futurista. Rom: Abete 1975, S. 302 f.
  95. Programm der serata (wie Anm. 80), S. 2. Vgl. zum Programm auch Sergio Lambiase: «Futuristi a Capri». In: Capri 1905–1940. Frammenti postumi. Ricerche e testi di Elisabetta Fermani e Sergio Lambiase. Hg. v. Lea Vergine. Mailand: Il Saggiatore 2018, S. 156 f.
  96. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 163.
  97. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 133.
  98. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 132.
  99. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 133.
  100. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 134.
  101. Vgl. Günzel, Eine frühe Aktionskunst (wie Anm. 82), S. 130.
  102. Vgl. Susanne de Ponte: Aktion im Futurismus. Ein Versuch zur methodischen Aufarbeitung von ‹Verlaufsformen› in der Kunst. Baden-Baden: Koerner 1999, S. 254.
  103. Vgl. de Ponte: Aktion im Futurismus (wie Anm. 100), S. 255.
  104. Vgl. F. T. Marinetti: «Sie kommen. Ein Objektdrama». In: Brigitte Landes: Es gibt keinen Hund. Das futuristische Theater. München: text + kritik 1989, S. 15 f.
  105. Programm der serata (wie Anm. 80), S. 2. Spiegel wurde oft von Marinetti nach Capri eingeladen, vgl. Giordano Bruno Guerri: Filippo Tommaso Marinetti. Invenzioni, avventure e passioni di un rivoluzionario. Mailand: Mondadori 2017, S. 237.
  106. Vgl. eine Rezension [o. A.] aus Comoedia Nr. 3, 10. Februar 1924 zitiert in Mario Verdone: Teatro del tempo futurista. Rom: Bulzoni ²1988, S. 215 f., Fn. 2.
  107. Vgl. Alberto Cesare Alberti / Sandra Bevere / Paola di Giulio: Il Teatro Sperimentale degli Indipendenti 1923–1936. Rom: Bulzoni 1984, S. 144.
  108. Vgl. Alberti / Bevere / di Giulio, Il Teatro Sperimentale (wie Anm. 105), S. 151.
  109. Vgl. Alberti / Bevere / di Giulio, Il Teatro Sperimentale (wie Anm. 105), S. 146.
  110. Vgl. Ankündigung und Programm der serata (wie Anm. 80), S. 2.
  111. Paolo Longo: «Prefazione». In: Silvio Mix. Musica per pianoforte. Hg. v. Paolo Longo. London: Consonarte 2019, S. VII.
  112. Longo, «Prefazione» (wie Anm. 109), S. IX.
  113. Dies geht aus einer Ankündigung in der Zeitschrift Italia Nuova II/7-8, 15. Juli-01. August 1924, S. 266 hervor: «Il forte musicista futurista Silvio Mix sta pubblicando dei pezzi sinfonici futuristi e un ‹profilo musicale sintetico per pianoforte› (ritratto di F. T. Marinetti)». Vgl. Stefano Bianchi: La musica futurista. Ricerche e documenti. Lucca: Libreria Musicale Italiana 1995, S. 103, Fußnote Nr. 73.
  114. Vgl. Daniele Lombardi: Il suono veloce. Futurismo e futurismi in musica. Lucca: Ricordi 1996, S. 87.
  115. Vgl. Bianchi, La musica futurista (wie Anm. 111), S. 91.
  116. Silvio Mix: «Profilo Sintetico-Musicale di Marinetti». In: Silvio Mix (wie Anm. 109), S. 13.
  117. Vgl. Esther Schmitz-Gundlach: Musikästhetische Konzepte des italienischen Futurismus und ihre Rezeption durch Komponisten des 20. Jahrhunderts. München: Martin Meidenbauer 2007, S. 147f.
  118. Vgl. Fiamma Nicolodi: Musica e musicisti nel ventennio fascista. Padua: libreriauniversitaria ²2018, S. 93.
  119. Vgl. auch Lombardi, Il suono veloce (wie Anm. 112), S. 88.
  120. Vgl. Daniele Lombardi: «Music». In: Handbook of International Futurism. Hg. v. Günter Berghaus. Berlin, Boston: de Gruyter 2019, S. 200.
  121. Weitere Ehrengaben neben dem musikalischen Portrait von Silvio Mix auf dem Kongress im November 1924 sind ein «psychologisches» Portrait Marinettis des Malers Fortunato Depero sowie ein «geographisches» Portrait Marinettis des Dichters Farfa; vgl. Claudia Salaris: Marinetti. Arte e vita futurista. Rom: Editori Riuniti 1997, S. 244.
  122. Vgl. Silvio Mix: «Verso le nuove forme dell’arte musicale. Il metadramma musicale». In: L’Impero, Rom 19. August 1926, o. S.; Nachdruck in: Bianchi, La musica futurista, 1995 (wie Anm. 111), S. 226: «La musica, tutti sono d’accordo nel sostenerlo, già all’inizio del suo svolgimento, lunghi dall’avere quello sviluppo pieno e splendido che hanno avuto già da secoli le altri arti, questa può e deve dir molto, moltissimo, ancora.»
  123. Mix, «Verso le nuove forme» (wie Anm. 111), S. 225 f.: «Insomma: per rinnovare completamente l'opera bisogna partire da concetti estetici fondamentalmente diversi da quelli usati (e abusati) fino ad oggi. [...] E le premesse, ci portano a questa conclusione: per avere un teatro lirico che offre maggiore libertà d'espressione e abbia nuove possibilità estetiche si deve giungere al metadrama sinfonico. [...] Gli attori, anziché cantare sempre, recitano avvolti da un'atmosfera musicale che possibilmente dev'essere prodotta da agenti invisibili allo spettatore. Non è necessario però che questo commento musicale sia continuativo: in certe speciali situazioni il silenzio assoluto è molto più efficace ed espressivo che qualsiasi parola e suono. In questo caso ecco che l'arte scenografica può assurgere ad un'importanza vitale, incalcolabile. Per esempio, un forte effetto di crescendo e diminuendo di luce può benissimo esprimere un dato stato d'animo in rapporto all'azione: la luce viene così ad avere il valore d'un personaggio. Dove mi preme però soffermare maggiormente l'attenzione è sul commento musicale che, come ho già detto, dev'essere un'atmosfera di suoni e deve formare come una cornice indefinibile al drama, portando lo spettatore attraverso tutta la gamma delle sensazioni fino all'irreale e oltre».
  124. Vgl. Mix, «Verso le nuove forme» (wie Anm. 111), S. 226: «Riporto qui ciò che ho scritto circa le nuove conquiste di quest'arte. Alla distruzione della quadratura tradizionale e alla conquista dell'enarmonia proclamata da F. B. Pratella e all'importante realizzazione del rumore musicalizzato compiuta da Luigi Russolo ho aggiunto e sperimentato la sovrapposizione ritmico-pluritonale (considerando l'accordo come generatore di armonici e super-armonici) che va dall'armonia regolare fino al suono indeterminabile, valorizzando anche i frammenti di tono (policromatismo). Non si tratta qui della cosidetta atonalità (che non esiste né in Italia né altrove - se si considera questa parola nel suo senso di mancanza di tonalità - poiché anche un insieme di rumori musicalizzati tende a spostarsi in un dato senso), ma di politonalità, cioè tonalità sovrapposte (contrappunto d’armonie). In realtà questo è lo spostamento delle parole in libertà marinettiane nell'arte dei suoni; ho potuto così realizzare praticamente una cosa non certo impossibile ma dalla quale siamo ancora molto lontani: l'improvvisazione orchestrale trasmessa esattamente da un nucleo creatore alle singole sorgenti sonore (voci, strumenti tradizionali, intonarumori, rumori ecc.). È chiaro che tenendo per base questa assoluta libertà d'espressione, il compositore potrà render completamente qualsiasi idea musicale, pur mantenendo, anzi accentuando maggiormente la sua personalità e ampliando la sua sensibilità».
  125. Silvio Mix komponiert 1925 die Commenti sinfonici zu Ruggero Vasaris Stück L’angoscia delle macchine. Vgl. Maramai, Ruggero Vasari (wie Anm. 86), S. 195 f.
  126. G. F.: «Il futurismo a Capri». In: Mezzogiorno 3. September 1924, o. S.: «Lo spettacolo futurista organizzato dal poeta Vasari sotto gli auspici della benemerita ‹Pro Capri› ebbe, sabato a sera, al ‹Quisisana›, un successo strepitoso. Provoca (vale a dire) proteste, urla. Poi ché, per i futuristi, gli applausi costituiscono un fiasco formidabile. Nulla di più umiliante che il pieno consenso del pubblico. Il rischio: ecco il sonoro e vibrante seguo del successo».
  127. Vgl. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124).
  128. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124), «con energia e con rudezza».
  129. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124): «‹D’avanti all’infinito› di Settimelli provoco una tempesta».
  130. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124): «[…] una violenza sempre maggiore con la rappresentazione di ‹D’avanti all’infinito›, ‹Passatismo›, e di ‹Atto negativo› di Settimelli, del ‹Corpo che sale› di Boccioni, di ‹Non c’è un cane› di Cangiullo».
  131. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124): «La battaglia si riaccese con ‹Ecce homo› di Vasari».
  132. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124): «La ‹Danza di Budda›, ‹La Danza delle spade›, la ‹Danza grotesca› ebbero un autentico successo passatista furono, cioè, applaudite con sincerità e con convinzione».
  133. Vgl. G. F., «Il futurismo a Capri» (wie Anm. 124).
  134. Vgl. Musella, Serate futuriste (wie Anm. 71), S. 25.